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Alle Unternehmen mit fünf oder mehr schwerbehinderten Angestellten müssen eine Schwerbehindertenvertretung aufstellen. Sie unterstützt schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte bei arbeitsrechtlichen Belangen – von der Einstellung bis zur Kündigung. Aber welche konkreten Aufgaben fallen darunter und welche gesetzlichen Vorgaben gelten bzgl. Kündigungsschutz und Freistellung der Schwerbehindertenvertretung?
Die Schwerbehindertenvertretung setzt sich für die Belange schwerbehinderter und gleichgestellter Angestellter ein, etwa bei Sitzungen und Versammlungen.
Inhaltsverzeichnis
Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist eine betrieblich gewählte Interessensvertretung, die sich für die Belange von schwerbehinderten und gleichgestellten Arbeitnehmenden einsetzt. Darunter fallen Personen, deren Behinderung einen Grad von mindestens 50 aufweist und die einen Wohnsitz oder ihre Beschäftigung in Deutschland haben. Als gleichgestellt gelten Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) zwischen 50 und 30, die aufgrund ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung keinen geeigneten Arbeitsplatz ergreifen oder behalten können.
Eine Schwerbehindertenvertretung besteht meist aus einer einzelnen Vertrauensperson, die per Wahl bestimmt wird, und wenigstens einer stellvertretenden Person, die im Verhinderungsfall übernimmt.
Neben der Schwerbehindertenvertretung kümmert sich auch der Personal- bzw. Betriebsrat um die Anliegen schwerbehinderter Beschäftigter.
Nein, die Schwerbehindertenvertretung ist kein Bestandteil des Betriebsrats, sondern eine eigenständige Interessensvertretung. Dennoch unterliegt der Betriebsrat einer Pflicht zur Förderung der Eingliederung von schwerbehinderten Personen. Während sich der Betriebs- bzw. Personalrat jedoch um Anliegen aller Angestellten kümmert, beschäftigt sich die Schwerbehindertenvertretung ausschließlich mit schwerbehinderten und gleichgestellten Personen.
Gibt es für mehrere Betriebe einen übergreifenden Gesamtbetriebsrat, wählen die Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Stellen eine Gesamtschwerbehindertenvertretung. Sollte es nur in einem Betrieb bzw. einer Dienststelle eine Schwerbehindertenvertretung geben, fungiert diese als Gesamtschwerbehindertenvertretung. Sie vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in allen Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe/Dienststellen betreffen und von den einzelnen Schwerbehindertenvertretungen nicht geregelt werden können.
Im öffentlichen Dienst wird die Schwerbehindertenvertretung als Personalvertretung bezeichnet. Sie ist im sog. Personalvertretungsrecht des Bundes bzw. in den landesrechtlichen Personalvertretungsgesetzen geregelt und unterliegt zusätzlich verschiedenen Tarifverträgen. Daher unterscheiden sich hier teilweise die rechtlichen Vorgaben rund um die Rechte und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung.
Nach § 177 Abs. 1 SGB IX ist eine Schwerbehindertenvertretung Pflicht, sobald in einem Betrieb bzw. einer Dienststelle mindestens fünf schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Personen (nicht nur vorübergehend) arbeiten. In diesem Fall muss eine Schwerbehindertenvertretung in Form einer Vertrauensperson und eines stellvertretenden Mitglieds gewählt werden.
Besitzt ein Betrieb keine Schwerbehindertenvertretung, kann das zuständige Integrationsamt zu einer „Versammlung schwerbehinderter Menschen“ und einer Wahl des Wahlvorstands der Schwerbehindertenvertretung einladen (§ 177 Abs. 6 S. 4 SGB IX). Ebenso darf der Personal- oder Betriebsrat ein solches Verfahren eröffnen.
Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sind in § 178 SGB IX geregelt. Demnach kümmert sich die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung um die Wahrung und Vertretung der Interessen von schwerbehinderten und gleichgestellten Angestellten. Sie nimmt aber auch beratende und unterstützende Aufgaben wahr, etwa beim Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung oder durch die Teilnahme an Ausschusssitzungen.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung gehören folgende Punkte:
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung bei zahlreichen Maßnahmen beteiligen.
Die Schwerbehindertenvertretung verfügt über ein gesetzliches Beteiligungsrecht, etwa bei folgenden Anliegen:
Die große Zahl an Aufgaben und Beteiligungsrechten zeigt: Arbeitgeber müssen sich genau mit den Rechten und Pflichten gegenüber der Schwerbehindertenvertretung auskennen. Hierfür ist entsprechendes Fachwissen zum Schwerbehindertenrecht und der Inklusion von Beschäftigten sowie zum Betriebsverfassungsrecht erforderlich.
Kompakte Rechtsgrundlagen zum Betriebsverfassungsrecht für die Unternehmenspraxis
Worauf bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung zu achten ist, regelt § 177 SGB IX. So wird die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung und ihre Vertretung im Rahmen einer geheimen Wahl bestimmt. Je nach Anzahl der Wahlberechtigten kommt entweder ein vereinfachtes Wahlverfahren (weniger als 50 Berechtigte) oder die förmliche Wahl (mindestens 50 Berechtigte) zum Einsatz. Grundlage hierfür ist die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO).
Die gewählte Person hat ihr Ehrenamt für vier Jahre inne, bevor die nächsten regulären Neuwahlen anstehen. Während der Amtszeit erhält die Schwerbehindertenvertretung keine gesonderte Vergütung, wohl aber einen besonderen Kündigungsschutz.
Als wahlberechtigt gelten alle schwerbehinderten und gleichgestellten Angestellten eines Betriebs bzw. einer Dienststelle. Faktoren wie das Alter, die Art oder die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses spielen bei diesem Wahlrecht keine Rolle.
Wer sich selbst als Vertrauensperson für die Schwerbehindertenvertretung aufstellen lassen möchte, muss allerdings zum Wahltag mindestens 18 Jahre alt sein und für wenigstens sechs Monate im Betrieb gearbeitet haben. Hier gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Betriebsratswahl.
Nach § 176 SGB IX soll sich der Personal- bzw. Betriebsrat um die Wahl der Schwerbehindertenvertretung kümmern.
Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung finden i. d. R. alle vier Jahre statt, jeweils zwischen dem 01.10. und 30.11. Die nächste SBV-Wahl findet planmäßig im Herbst 2026 statt.
Wenn möglich, sollte die Schwerbehindertenvertretung ihre Aufgaben während der regulären Arbeitszeit durchführen. Hierfür gibt es die Möglichkeit einer (Teil-)Freistellung. So müssen Arbeitgeber die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung von ihrer beruflichen Tätigkeit freistellen, wenn es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Während der Freistellung dürfen das Gehalt oder sonstige Bezüge nicht verringert werden.
Für welchen Zeitraum die Freistellung erfolgt, muss das Unternehmen selbst entscheiden. Dabei sollte es insbesondere folgende Faktoren berücksichtigen:
Sind im Betrieb regelmäßig 100 oder mehr Personen mit schwerer Behinderung beschäftigt, hat die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung Anspruch auf vollständige Freistellung (§ 179 Abs. 4 S. 2 SGB IX). Auch bei kleineren Betrieben gibt es die Möglichkeit zur (Teil-)Freistellung. Allerdings sind Arbeitgeber in diesem Fall nicht zur Freistellung verpflichtet.
Muss die Schwerbehindertenvertretung einmal außerhalb der Arbeitszeit ihren Aufgaben nachgehen und kann belegen, dass die Angelegenheit nicht während der Arbeitszeit hätte geregelt werden können, hat sie Anspruch auf einen Freizeitausgleich inkl. Entgeltfortzahlung (§ 179 Abs. 2 SGB IX). Daher sollte die Schwerbehindertenvertretung ihre genauen Einsatzzeiten und Aufgaben schriftlich dokumentieren. Zudem unterliegt sie der Unterrichtungspflicht am Arbeitsplatz gegenüber dem Arbeitgeber.
Als Vertrauensperson genießen Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nach § 179 Abs. 3 SGB IX einen besonderen Kündigungsschutz, genauso wie Mitglieder des Personal- und Betriebsrats (§ 15 KSchG). Durch diesen Kündigungsschutz dürfen Beteiligte der Schwerbehindertenvertretung während ihrer Amtszeit und ein Jahr nach Ende der Amtszeit grundsätzlich nicht gekündigt werden.
Außerordentliche bzw. fristlose Kündigungen der Schwerbehindertenvertretung sind möglich, wenn entsprechende Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen (z. B. Diebstahl, Betrug oder sexuelle Belästigung; siehe § 626 BGB). In solchen Fällen ist jedoch die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich (§ 15 Abs. 1 S. 1 KSchG i. V. m. § 103 Abs. 1 BetrVG), genauso wie bei einer Versetzung oder Abordnung der Vertrauensperson.
Vertrauenspersonen der Schwerbehindertenvertretung haben ein Recht auf Fortbildung bzw. auf die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsmaßnahmen, um sich das nötige Fachwissen für ihre Position anzueignen. Nähere Informationen hierzu gibt es beispielsweise beim jeweiligen Integrations- oder Inklusionsamt.
Aber auch Arbeitgeber und Verantwortliche im Personalwesen sollten sich über die Aufgaben und Rechte der Schwerbehindertenvertretung weiterbilden.
Veranstaltungsempfehlung Worauf Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Pflichten zur Inklusion von Schwerbehinderten achten müssen, zeigt das Seminar „Rechtssicheres Personalmanagement gemäß dem Teilhabestärkungsgesetz“. Näheres zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat lernen Verantwortliche im Seminar „Betriebsverfassungsrecht für Arbeitgeber/-innen“.
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Worauf Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Pflichten zur Inklusion von Schwerbehinderten achten müssen, zeigt das Seminar „Rechtssicheres Personalmanagement gemäß dem Teilhabestärkungsgesetz“. Näheres zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat lernen Verantwortliche im Seminar „Betriebsverfassungsrecht für Arbeitgeber/-innen“.
Quellen: Themenbrief Arbeitsrecht, Institut zur Fortbildung von Betriebsräten (ifb), Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)