Ein kollektives Aufstöhnen erfüllt den Raum, als der Experte im Reisekosten- und Bewirtungsrecht Christian Ziesel zu Beginn des Seminars am 27.02.2018 in Frankfurt darauf hinweist, dass in fast allen Bereichen der Reisekostenabrechnung Änderungen zu beachten sind. Die Teilnehmer (19 Frauen waren gegenüber dem einen männlichen Teilnehmer deutlich in der Überzahl) sind gespannt, welche neuen Fallstricke in der Abrechnung der Reise- und Bewirtungskosten lauern.
Einige Highlights aus dem Seminar:
1. Übernachtungskosten oder „Blumensträuße und Betrug“
Bei der Abrechnung von Übernachtungskosten ist zunächst zu unterscheiden, ob diese im In- oder im Ausland anfallen. Im Inland kann die Übernachtung nach Beleg (z.B. eine Hotelrechnung) steuerfrei ersetzt werden, sofern die Angemessenheit gewährleistet ist. Ohne Einzelnachweis können Übernachtungskosten mit einem Pauschalbetrag von 20€ steuerfrei erstattet werden. Allerdings gilt auch hier eine Voraussetzung: Der Pauschalbetrag darf nur dann erstattet werden, wenn der Mitarbeiter tatsächlich einen Mehraufwand hatte, wenn er also z.B. für einen Blumenstrauß oder eine Flasche Wein als kleine Aufmerksamkeit für den Gastgeber bei privaten Übernachtungen besorgt.
Werden die Übernachtungskosten im Ausland abgerechnet, darf auf festgelegte Pauschalbeträge zurückgegriffen werden. Diese variieren von Land zu Land sehr stark und erreichen teilweise Beträge, die den Betrugsversuch für manche Mitarbeiter scheinbar lukrativ machen. So kommt es wohl durchaus vor, dass Hotelrechnungen „verloren“ gehen und stattdessen die Pauschalbeträge in Rechnung gestellt werden. Klarer Betrug, das unterstreicht der Experte Christian Ziesel nochmals.
2. Reisenebenkosten oder „Schätzen Sie mal“
Man stelle sich folgenden Fall vor: Ein Mitarbeiter übernachtet auf einer Auswärtstätigkeit im Hotel. Es wurde das „Business-Paket“ gebucht. Auf der Rechnung sind eine Übernachtung für 100€ sowie „sonstige Leistungen“ für 38€ gelistet. Was sind aber genau diese sonstigen Leistungen? Eine wichtige Frage bei der Abrechnung der Reise- und Übernachtungskosten. So gehören z.B. Saunaleistungen, die Minibar oder Pay-TV nicht zu den Reisenebenkosten, Parkgebühren und Frühstück aber beispielsweise sehr wohl. Nun steht der Abrechner vor einem Problem, das so leicht nicht zu lösen ist. Wie teilen sich die 38€ für sonstige Leistungen auf? Hier bleiben dem Abrechner nur zwei Möglichkeiten: 1. Er bringt das Hotel dazu, eine Aufgliederung der sonstigen Leistungen inkl. Preisangaben herauszugeben. 2. Er muss „sachgerecht schätzen“, welche Kosten anteilig angefallen sind.
Da der erste Fall nur sehr selten eintritt, müssen sich Abrechner hier häufig auf Möglichkeit zwei einlassen. Diskussionen mit dem Prüfer sind laut Herrn Ziesel bei dieser Variante vorprogrammiert, sodass sich Abrechner gute Argumente zurechtlegen und wenn möglich Belege für ihre Schätzung vorbereiten sollten.
3. Unentgeltliche Verpflegung von Arbeitnehmern im Rahmen einer Auswärtstätigkeit oder „Wenn trockene Brötchen zum Frühstück werden“
Für arbeitgeberseitig gestellte oder veranlasste Mahlzeiten gelten klare Regelungen: Ist der Arbeitnehmer mehr als 8 Stunden auswärts tätig, so steht ihm eine Verpflegungspauschale zu (12€ oder 24€). Wird dem Arbeitnehmer eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, so müssen die Verpflegungspauschalen gekürzt werden. Bei einem Frühstück erfolgt die Kürzung um 20%, bei Mittag- und Abendessen um jeweils 40%. Soweit so klar. Doch was ist überhaupt eine Mahlzeit? Hier wird es etwas kniffliger. Ist Salzgebäck im Flugzeug eine Mahlzeit? Ist der Kuchen in der Kaffeepause des Seminars eine Mahlzeit? Ist ein trockenes Brötchen zum Frühstück eine Mahlzeit? In diesen Fällen: nein, nein und gute Frage!Snacks oder Imbisse können allerdings als vollwertige Mahlzeit gelten, sofern sie zeitlich gesehen an die Stelle von Frühstück, Mittagessen oder Abendessen treten. Den zeitlichen Rahmen der Mahlzeiten hat dabei der der Arbeitgeber festzulegen.Tockene Brötchen – ohne Belag – gelten aber auch dann nicht als Frühstück, wenn sie zur typischen Frühstückszeit gereicht werden. Sie sind also keine Mahlzeit. Zumindest im Moment, denn das Revisionsverfahren zu dieser Frage steht noch aus. Bis dahin gilt also: Eine Brezel ist eine Mahlzeit, aber nur wenn Butter drauf ist.
4. Aufteilung gemischter Reisekosten oder „Arbeiten Sie noch oder genießen Sie schon?“
Werden private Angelegenheiten mit einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit verknüpft, entstehen gemischte Reisekosten. Privater und beruflicher Bereich sind bei der Abrechnung klar voneinander abzugrenzen sofern möglich. Ein Schema zur Bewertung liefert Herr Ziesel im Seminar:
Abbildung 1: Seite 59 im Teilnehmerskript
Aber ab wann sind die Grenzen zu ziehen? Wann handelt es sich um Arbeit – deren Aufwendungen steuerfrei abgerechnet werden dürfen, wann um privates Vergnügen – das steuerpflichtig ist? Hier greifen folgende Regelungen: Grundsätzlich darf ein Privataufenthalt nur vor oder nach der betrieblich veranlassten Auswärtstätigkeit erfolgen, wenn Aufwendungen als Betriebsausgaben abgerechnet werden sollen, nicht aber vor und nach dieser. Bei einer untergeordneten privaten Mitveranlassung, also einer privaten Nutzungszeit unter 10%, sind Aufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben/ Werbekosten abziehbar. Der Zeitanteil kann prozentual nach Stunden abgerechnet werden, er kann aber auch anhand eines typischen 8-Stunden-Tages berechnet werden: Von täglich acht Arbeitsstunden werden die betrieblichen Zeitanteile abgezogen. Was übrig bleibt, ist private Zeit.
Am Ende eines spannenden, umfangreichen und informativen Seminartags nehmen die Teilnehmer viel Nützliches mit:
Merching, den 01.03.2018Denise Burba, Produktmanagement, AKADEMIE HERKERT