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18.07.2022 | PERSONAL, AUSBILDUNG & RECHT

Bewerbungsgespräche werden immer häufiger digital abgehalten. Allerdings ergeben sich hier einige Besonderheiten, die sowohl Bewerber als auch Arbeitgeber bei virtuellen Vorstellungsgesprächen beachten sollten. Welche Kleidung sollte ich tragen, welcher Hintergrund ist geeignet und auf welche arbeitsrechtlichen Vorgaben müssen Unternehmen im Recruitingprozess achten?

Virtuelles Vorstellungsgespraech Forum Verlag Herkert GmbH

Digitalisierung auch im Recruiting – Bewerbungsgespräche finden immer häufiger über digitale Kanäle statt. Das ermöglicht neue Chancen, erfodert jedoch auch besondere Vorbereitung. (Bild: © fizkes – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Bedeutung: Was ist ein virtuelles Vorstellungsgespräch?
  2. Wie bereite ich mich auf ein virtuelles Vorstellungsgespräch vor?
  3. Ablauf eines digitalen Vorstellungsgesprächs
  4. Welche Fragen sollten Arbeitgeber in einem Videointerview stellen?
  5. Nach dem Gespräch: Wie geht es weiter?

Bedeutung: Was ist ein virtuelles Vorstellungsgespräch?

Ein virtuelles Vorstellungsgespräch ist ein digitales Treffen, bei dem Recruiter und Bewerber über digitale Kanäle zusammenkommen. Genauso wie bei „klassischen“ Bewerbungsgesprächen geht es bei einem Online-Bewerbungsgespräch darum herauszufinden, ob eine Person für eine ausgeschriebene Stellenbeschreibung geeignet ist. Das Gespräch findet dabei meist über Videokonferenzsysteme wie Microsoft Teams, Skype oder Zoom statt. Aber auch andere Kommunikationsplattformen oder das Telefon sind möglich.

Die Herausforderung bei virtuellen Vorstellungsgesprächen: Mimik und Gestik der anderen Person einzuschätzen. Das ist über digitale Kanäle meist schwieriger als bei einem persönlichen Treffen im Unternehmen. Gleichzeitig spielen sie eine wichtige Rolle in der Kommunikation und letztlich in der Entscheidungsfindung des Unternehmens. Daher ist eine ausreichende Vorbereitung von beiden Seiten essenziell für die erfolgreiche Durchführung eines Videointerviews.

Wie bereite ich mich auf ein virtuelles Vorstellungsgespräch vor?

Sowohl Arbeitgeber als auch Bewerber sollten sich ausreichend auf ein digitales Bewerbungsgespräch vorbereiten. Dabei gelten grundsätzlich die gleichen Vorgaben wie bei Gesprächen in Präsenz, etwa bzgl. des Inhalts, Gesprächsablaufs oder Dresscodes. Der folgende Abschnitt gibt Arbeitgeber Bewerber einige Tipps zur Vorbereitung auf ein Video-Vorstellungsgespräch. Entsprechend sollten sie bereits vor Beginn des Termins berücksichtigt werden.

Tipps für Arbeitgeber Tipps für Bewerber
  • Ablauf und Struktur des virtuellen Vorstellungsgesprächs festlegen.
    • Welche arbeitsrechtlichen Grundlagen muss ich beachten?
    • Wohin begebe ich mich für das Gespräch (freies Büro, Konferenzraum, Homeoffice etc.)?
    • Wer soll am Gespräch teilnehmen (neben dem Bewerber ggf. Führungskräfte, Abteilungsleitung etc.)?
      → Einladung versenden.
    • Über welchen Kommunikationskanal findet das Gespräch statt?
    • Wie soll das Gespräch aufgebaut sein?
    • Welche Fragen sollte der Bewerber in jedem Fall beantworten?
  • Auf typische bzw. häufige Fragen im Bewerbungsgespräch vorbereiten.
    → Sie unterscheiden sich i. d. R. nicht zu denen, die bei einem analogen Gespräch gestellt werden.
  • Bewertungserfahren erstellen, mit denen Recruiter den Bewerber anhand konkreter Kriterien beurteilen können.
    → Besonderes Augenmerk auf die Ausdrucksweise der Person legen.
  • Professionelle Körpersprache trainieren.
    → Aufrecht sitzen.
    → Blickkontakt mit der Kamera halten.
    → Angemessen mit den Händen gestikulieren (nicht starr und regungslos vor dem Gerät sitzen).
  • Corporate Benefits (betriebliche Vorteile für Beschäftigte) verinnerlichen.
    • Weiterbildungsmöglichkeiten
    • Gesundheitsförderung
    • Erfolgsbeteiligung
    • Sondervergütung (Prämien)
    • etc.
  • Technische Ausstattung, Software und Internetverbindung auf Funktionalität prüfen.
  • Für eine ungestörte Umgebung während des Termins sorgen.
    → Hierfür das Smartphone oder Telefon stumm schalten und eventuelle Personen in der näheren Umgebung vorab auf den Termin hinweisen.
  • Den eigenen Redeanteil so vorbereiten, dass er frei und ohne Hilfsmittel vorgetragen werden kann.
    → Auch am Computer kommt das Ablesen von vorformulierten Antworten meist (bei beiden Seiten) weniger gut an.

Einige Themen stellen Teilnehmende eines virtuellen Vorstellungsgesprächs besonders häufig vor Herausforderungen. Hierzu gehört z. B. die Wahl der passenden Kleidung oder des Hintergrunds in der Kamera.

Kleidung: Was zieht man bei einem Online-Vorstellungsgespräch an?

Bzgl. der Kleidung beim virtuellen Vorstellungsgespräch gilt: Bewerber und Recruiter sollten sich genauso kleiden, wie sie es bei einem Gespräch im Unternehmen vor Ort tun würden. Das kann je nach Unternehmen anders ausfallen: So ist z. B. in einer Bank ein Anzug oder andere formelle Kleidung empfehlenswert. In einem kleinem Start-Up kann hingegen etwa ein lockeres Hemd oder eine Bluse mit Jeans völlig ausreichend sein.

Daher sollten sich insbesondere Bewerber vor jedem Videointerview noch einmal darüber informieren, in welcher Branche der Betrieb tätig ist und welche Kleidung dort üblicherweise getragen wird. Gleichzeitig kann das eigene Bauchgefühl oder der Austausch mit Kollegen und Bekannten hilfreich sein, den geeigneten Kleidungsstil für das Gespräch zu finden.

In jedem Fall sorgt die passende Kleidung für ein professionelles Auftreten. Außerdem macht es der Person gegenüber deutlich, dass ernsthaftes Interesse an einer gemeinsamen Zusammenarbeit besteht. Zudem kann formelle Kleidung die Selbstsicherheit steigern.

Welchen Hintergrund beim Vorstellungsgespräch?

Da viele virtuelle Vorstellungsgespräche im Homeoffice abgehalten werden, ist es besonders wichtig, auf den Hintergrund zu achten, der im Video zu erkennen ist.

Der Raum sollte möglichst schlicht und professionell wirken. Idealerweise gibt es ein eigenes Büro oder Arbeitszimmer. Aber auch z. B. das Schlaf- oder Wohnzimmer eignet sich, sofern es aufgeräumt ist. Allerdings sollte, falls z. B. ein Laptop genutzt wird, dieser auf einem Tisch und nicht im Schoß liegen. Das würde sonst zu einem wackeligen und unruhigen Bild führen. Auch bei Aufenthalten in einem Besprechungsraum o. Ä. sollte der Hintergrund ordentlich aussehen und möglichst wenig ablenken.

Zusätzlich bieten einige Softwares an, den Hintergrund unscharf einzustellen. Damit liegt der Fokus beim virtuellen Vorstellungsgespräch noch stärker auf der Person im Vordergrund. Alternativ können Arbeitgeber und Bewerber auf virtuelle Hintergründe zurückgreifen. Für Beschäftigte des Unternehmens bietet es sich beispielsweise an, ein Bild mit dem Logo der Firma zu nutzen.

Checkliste mit Tipps zur Vorbereitung auf ein Videointerview

Die nachfolgende Checkliste gibt eine Zusammenfassung über die wichtigsten Punkte zur Vorbereitung und Durchführung eines virtuellen Vorstellungsgesprächs. Sie kann sowohl von Arbeitgeber als auch von Bewerber genutzt werden.

Vorbereitung: Vor dem Gespräch
Organisatorisches Klären, wer wen zu Beginn des Termin anruft.
Telefonnummern austauschen, um bei technischen Problemen per Telefon zu kommunizieren.
Kleidung Gleiche Kleidung wie bei einem „klassischen“ Bewerbungsgespräch in Präsenz tragen.
Software Für Arbeitgeber: Geeignete Software auswählen. Hierfür die IT-Abteilung mit einbeziehen und ggf. den Datenschutzbeauftragten konsultieren.
Prüfen, ob die Software auf dem Gerät funktioniert, das für das Gespräch ausgewählt wurde.
Kamera Eine möglichst hochwertige bzw. hochauflösende Kamera verwenden, falls nichts bereits eine im Computer integriert ist.
Kamera auf Augenhöhe einstellen, sodass die Person gegenüber weder hinauf- noch herabschauen muss.
Headset Ein Headset mit qualitativ ausreichendem Mikrofon benutzen. Das vermeidet störendes Echo und verbessert die Klangqualität für die andere Person.
Hintergrund Innerhalb des Kamerawinkels für Ordnung im Hintergrund sorgen und diesen, wenn möglich, unscharf einstellen.
Beleuchtung Indirektes Licht nutzen.
Direkte Sonneneinstrahlung und Gegenlicht vermeiden.
Beleuchtung nicht zu schwach einstellen, da dadurch andernfalls dunkle Bereiche im Bild erscheinen.
Internet Für eine ausreichende Internetverbindung während des virtuellen Vorstellungsgesprächs sorgen. Hierfür z. B. laufende Programme und Downloads pausieren bzw. beenden.
Umfeld Für die Dauer des Gesprächs für eine ungestörte Umgebung sorgen. Hierzu z. B. einen leeren Besprechungsraum aufsuchen oder im Homeoffice eventuelle Mitbewohner darauf hinweisen, sich leise zu verhalten.
Finale Prüfung Videointerview mit einer anderen Person testen, um die Bild-, Ton- und Übertragungsqualität zu prüfen.
Durchführung: Während des Gesprächs
  • Zur Begrüßung gerne in die Kamera winken oder die Person gegenüber anlächeln (als Ersatz für das Händeschütteln in Präsenz).
  • Möglichst ruhig, klar und deutlich sprechen.
  • Verzögerungen in der Übertragung beachten bzw. einkalkulieren.
  • Die Person gegenüber ausreden lassen.
  • Blickkontakt mit der Kamera halten und das eigene Bild ggf. minimieren. Das schenkt der anderen Person die volle Aufmerksamkeit.

 

Zudem müssen sich Unternehmen auch beim virtuellen Vorstellungsgespräch mit den arbeitsrechtlichen Regelungen im Recruitingprozess auseinandersetzen. Dazu gehört es z. B., die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie möglichst ansprechend für den Bewerber sind, aber gleichzeitig auch dem Arbeitgeber Flexibilität und Sicherheit bewahren. 

Veranstaltungsempfehlungen

Worauf es arbeitsrechtlich beim Recruiting ankommt, erklärt das Seminar „Arbeitsrecht im Recruitingprozess – Mitarbeitende finden und binden“.

Wer noch mehr über aktuelle Entwicklungen im Personalwesen wissen möchte, sollte unbedingt die Live-Online-Seminar-Reihe „Rechtliche Brennpunktthemen in der Personalpraxis“ besuchen. Neben der o. g. Schulung zum Arbeitsrecht im Recruitingprozess erfahren die Teilnehmenden dort in regelmäßigen Abständen alle aktuellen Neuerungen im Arbeitsrecht und hilfreiche Informationen zu aktuellen Themen im Bereich HR. Dazu gehören z. B. die Themen Arbeitszeit und Arbeitsvertragsgestaltung. Informieren sie sich jetzt! 

Sobald sich alle Beteiligten auf das Videointerview vorbereitet haben und der Termin unmittelbar bevorsteht, geht es an den tatsächlichen Ablauf des Gesprächs.

Ablauf eines virtuellen Vorstellungsgesprächs

Selbstverständlich kann jedes Vorstellungsgespräch anders verlaufen und muss nicht zwingend einem starren Muster folgen. In der Praxis hat sich dennoch ein bestimmter Ablauf etabliert, auf den sich sowohl Bewerber als auch Arbeitgeber einstellen sollten.

1. Der Arbeitgeber stellt alle Anwesenden des Unternehmens vor (Recruiter, Abteilungsleitung etc.).
2. Der Arbeitgeber erklärt den geplanten Gesprächsaufbau.
3. Der Arbeitgeber stellt das Unternehmen kurz vor, geht dabei auf wesentliche Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen ein.
4. Der Arbeitgeber stellt allgemeine Fragen (z. B. zu Erfahrungen und Kompetenzen des Bewerbers).
5. Der Arbeitgeber stellt stellenspezifischeren Fragen (je nach Fachgebiet der ausgeschriebenen Stelle).
6. Das Unternehmen ergänzt die Antworten des Bewerbers mit weiteren Fragen.
 7. Der Bewerber kann eigene Fragen zur Position oder zum Unternehmen stellen.
8. Der Arbeitgeber beschreibt den weiteren Ablauf nach dem Gespräch und beendet daraufhin das Job-Interview.

 

Zum Ablauf des Gesprächs gehören, wie oben genannt, allgemeine und spezifische Fragen an den Bewerber. Während die Detailfragen je nach Beruf und Branche unterschiedlich ausfallen, gibt es bei den grundlegenden Fragen einige Themen, die Unternehmen immer wieder im (virtuellen) Vorstellungsgespräch nutzen.

Welche Fragen sollten Arbeitgeber in einem virtuellen Vorstellungsgespräch stellen?

Mit einem Bewerbungsgespräch versucht das Unternehmen einen persönlichen Eindruck zu erhalten, ob eine Person für eine ausgeschriebene Position geeignet ist. Hierzu gehören nicht nur Fragen zu den Fachkenntnissen, sondern auch zu den Softskills und bisherigen Erfahrungen. Die folgende Auflistung zeigt einige der gängigsten Fragen, die Arbeitgeber sowohl im analogen als auch im virtuellen Vorstellungsgespräch stellen.

  • Welche Kompetenzen und Erfahrungen qualifizieren Sie für diesen Job?
  • Was waren Ihre bisherigen Aufgaben?
  • Hatten Sie bereits eine Aufgabe, die Sie nicht sofort lösen konnten? Falls ja, wie sind Sie damit umgegangen?
  • Wie gehen Sie mit Konflikten im Team um?
  • Welche Ziele haben Sie (z. B. in den nächsten fünf Jahren) und wie wollen Sie diese erreichen?
  • Was erwarten Sie von einem Arbeitgeber?

Wurden im Dialog alle Fragen beantwortet, ist zu klären, wie der weitere Bewerbungsprozess abläuft.

Nach dem virtuellen Vorstellungsgespräch: Wie geht es weiter?

Das Unternehmen sollte bereits am Ende des virtuellen Vorstellungsgesprächs vermitteln, wie es mit dem Bewerbungsverfahren weitergehen soll. Dazu gehört z. B. eine Auskunft, wann es den Bewerber über ihre Entscheidung zur Einstellung informiert oder ob es weitere Bewerbungsrunden geben wird. Auch mögliche Eignungstest oder andere Auswahlverfahren sollten spätestens hier erläutert werden. In jedem Fall sollte das Unternehmen einen möglichst konkreten Zeitraum nennen, wann es sich mit einer Antwort meldet.

Anschließend besprechen sich alle Beschäftigten des Betriebs, die am Gespräch beteiligt waren und tauschen ihre Eindrücke zum Bewerber aus. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, wird der Bewerber kontaktiert und ggf. das weitere Vorgehen abgestimmt. Gleichzeitig kann sich der Bewerber Gedanken darübermachen, ob die Stelle und das Unternehmen nach wie vor attraktiv ist.

Kommt es zu einer positiven Einigung, können der Arbeitsvertrag und darin die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen festgelegt werden. Auch hier müssen Arbeitgeber die wesentlichen arbeitsrechtlichen Grundlagen beachten.

Quelle: „Das GmbH-Recht“

Augsburg, 18.07.2022
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

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