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03.05.2024 | ARBEITSSCHUTZ & ARBEITSSICHERHEIT

Wenn die Temperaturen am Arbeitsplatz steigen, kommt bei vielen Angestellten der Wunsch nach Hitzefrei auf. Und tatsächlich ist es möglich, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten hitzefrei am Arbeitsplatz gewähren. Doch haben Beschäftigte einen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei auf der Arbeit und welche Grenzwerte sind dabei zu beachten?

Hitzefrei Arbeit AH Forum Verlag Herkert GmbH

Inhaltsverzeichnis

  1. Gibt es Hitzefrei auf der Arbeit? – Arbeitsrecht
  2. Bei welchen Temperaturen muss ich nicht mehr arbeiten?
  3. Hitzefrei Arbeit: Baustelle, Büro, Werkstatt und Co.
  4. Hitzefrei auf der Arbeit vs. Hitzearbeit

Gibt es Hitzefrei auf der Arbeit? – Arbeitsrecht

Nein, im deutschen Arbeitsrecht gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei am Arbeitsplatz. Denn es sind keine Grenzwerte definiert, ab denen die Arbeit aufgrund der Hitze komplett eingestellt werden darf oder muss. Daher können Beschäftigte vom Arbeitgeber kein Hitzefrei in Form einer Freistellung o. Ä. verlangen. Gehen sie dennoch eigenständig und ohne Erlaubnis nach Hause, darf der Arbeitgeber eine Abmahnung oder gar eine Kündigung aussprechen. 

Allerdings muss der Arbeitgeber entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn die Luft- oder Raumtemperatur am Arbeitsplatz steigt. So verpflichtet § 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Arbeitgeber dazu, die Arbeit so zu gestalten, dass Gefährdungen für Leib und Leben möglichst vermieden werden. Das beinhaltet auch den Schutz vor zu hohen Temperaturen am Arbeitsplatz. Konkreter wird es in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV): Sie fordert eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur und einen wirksamen Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung bei der Arbeit. Welche Maßnahmen sich zur Umsetzung dieser Vorgabe eignen, erläutert die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 „Raumtemperatur“. Das Hitzefrei auf der Arbeit wird dort jedoch nicht explizit als mögliches Instrument genannt.

Dennoch gibt es sowohl für Arbeiten in geschlossenen Räumen als auch für Arbeiten im Freien Vorgaben zur Höchsttemperatur am Arbeitsplatz.

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Bei welchen Temperaturen muss ich nicht mehr arbeiten?

Grundsätzlich gibt es keine Temperaturgrenze, die Hitzefrei auf der Arbeit ermöglicht, also es den Angestellten erlaubt ist, die Arbeit niederzulegen. Allerdings gilt ein (geschlossener) Arbeitsraum nach ASR A3.5 als nicht mehr geeignet, wenn die Temperatur 35 Grad übersteigt. Ist das der Fall und der Arbeitgeber bietet keine gegensteuernden Hilfsmittel an, darf dort grundsätzlich nicht mehr gearbeitet werden. Dennoch berechtigt dieser Umstand nicht zum eigenständigen Hitzefrei auf der Arbeit. Trotzdem können Unternehmen auf freiwilliger Basis eine Form des Hitzefrei anbieten oder z. B. das Arbeiten vom Homeoffice erlauben.

⇒ Arbeiten Beschäftigte im Rahmen des mobilen Arbeitens bereits im Homeoffice, besteht auch dort grundsätzlich kein Anspruch auf Hitzefrei von der Arbeit. Denn hier sind die Angestellten selbst für die bedarfsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes und somit für eine angenehme Raumtemperatur verantwortlich.
⇒ Anders ist es bei Telearbeit, also einem vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebsgeländes. Hier ist der Arbeitgeber wie beim Arbeiten vor Ort für Raumtemperatur und Co. zuständig.

Damit die Temperatur im Betrieb erst gar nicht so stark steigt, verlangt die ArbStättV bereits bei Lufttemperaturen unter 35 Grad Gegenmaßnahmen:

  • 26 bis 30 Grad: Arbeitgeber sollte wirksame Schutzmaßnahmen gegen die Hitze zu ergreifen.
  • 30 bis 35 Grad: Arbeitgeber muss entsprechende Vorkehrungen treffen.
  • Mehr als 35 Grad: Arbeitsplatz gilt als nicht mehr geeignet.

Welche Maßnahmen sich zur Senkung der Luft- und Raumtemperatur eignen – und damit auch ein Stück weit einem Hitzefrei auf der Arbeit entgegenkommen – hängt vom jeweiligen Arbeitsplatz und der Arbeitsumgebung ab.

Hitzefrei Arbeit: Baustelle, Büro, Werkstatt und Co.

Die Grenzwerte der ASR A3.5 gelten für alle Arbeitsplätze und -räume, an die aus betrieblichen Gründen keine spezifischen raumklimatischen Anforderungen gestellt werden (z. B. Büros, Kindergärten). Lediglich für Kühlräumen, Baustellen, Hitzearbeit oder andere besondere Arbeitsbedingungen gelten abweichende Regelungen zur Raumtemperatur. Das ändert nichts an der Verpflichtung des Arbeitgebers, geeignete Schutzmaßnahmen für seine Beschäftigten zu treffen.

Hitzefrei im Büro

Da es keine gesetzliche Pflicht zum Hitzefrei auf der Arbeit gibt, kann und muss der Arbeitgeber zunächst andere Wege finden, um seine Beschäftigten vor zu großer Hitze zu schützen. Oberste Priorität haben dabei technische Schutzmaßnahmen, gefolgt von organisatorischen und persönlichen Maßnahmen (sog. TOP-Prinzip).

Mögliche Schutzmaßnahmen gegen die Hitze – und damit Alternativen zum Hitzefrei auf der Arbeit – können sein:

  • Anbringen von Überdachungen, Sonnenschirmen oder UV-absorbierenden Abdeckungen
  • Geschlossene Jalousien auch nach der Arbeitszeit
  • UV-Strahlen absorbierende Fenster an Fahrzeugen und Flurförderzeugen
  • Verlagerung der Arbeit in einen kühleren Raum (wenn es die Geschäftsräume erlauben)
  • Frühes Lüften am Morgen
  • Lockerung der Arbeitszeit- und Pausenregelungen (Gleitzeit, Überstundenabbau)
  • Lockerung möglicher Bekleidungsvorschriften für kühlere Arbeitskleidung
  • Bereitstellung geeigneter Getränke (Trinkwasser etc.) und Ventilatoren

⇒ Weitere beispielhafte Maßnahmen zum Schutz vor Hitze am Arbeitsplatz beschreibt der Beitrag „ASR A3.5 ‚Raumtemperatur‘: Ab 26 °C im Büro sollten Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen“.

Konform nach § 20 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ und § 22 Sozialgesetzbuch VII

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Hitzefrei auf der Baustelle

Auch auf Baustellen gibt es kein Hitzefrei, denn hier fehlen genauso gesetzliche Grenzwerte wie in Büros oder anderen geschlossenen Räumen. Stattdessen muss der Arbeitgeber seine Beschäftigten durch technische und organisatorische Maßnahmen vor der Hitze schützen. Hierfür eignen sich z. B. mobile Unterstellmöglichkeiten, die Schatten spenden und vor der Sonne schützen. Wenn möglich, kann es sinnvoll sein, die Arbeitszeit nach vorne zu verschieben, um die kühleren Morgenstunden zu nutzen. Notwendige persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist dennoch zu tragen.

Zudem sind Arbeitgeber angehalten, die Prüfung ihrer Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung festzuhalten – gerade, wenn die Angestellten länger als 15 Minuten direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind (wie etwa auf der Baustelle).

Hitzefrei für besondere Beschäftigtengruppen 

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zur Vermeidung hitzebedingter Gefährdungen am Arbeitsplatz gilt v. a. für Beschäftigtengruppen wie Schwangere oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen. Da sie besonders unter möglichen Folgen der Hitze leiden, haben sie u. U. höhere Chancen auf Hitzefrei auf der Arbeit.

Besonders werdende Mütter haben einen erhöhten Schutzbedarf. Hier hat der Arbeitgeber speziell die unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen gemäß  § 11 Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu prüfen. Das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen weist jedoch darauf hin, dass witterungsbedingte Beschäftigungsverbote, wie Hitzefrei auf der Arbeit, nur individuell und nicht allein anhand eines Temperaturwerts festgelegt werden sollten.

Hitzefrei auf der Arbeit vs. Hitzearbeit

Beim Hitzefrei auf der Arbeit wird häufig das Arbeiten unter (saisonal) hohen Temperaturen mit der Hitzearbeit gleichgestellt. Dabei hat z. B. Büroarbeit im Hochsommer aus Sicht des Arbeitsschutzes eine andere Bedeutung als die ständige Hitzearbeit. 

Denn bei Hitzearbeit kommt es aufgrund von äußerer Hitze, körperlicher Belastung und ggf. der Arbeitskleidung zu einem Anstieg der Körpertemperatur. Betroffen sind z. B. Schmieden, Hochöfen und Gießereien. Weil dort besondere Gesundheitsrisiken entstehen, müssen Arbeitgeber weitergehende Schutzmaßnahmen ergreifen als z. B. im Büro. Allerdings gibt es auch hier keinen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei bei der Arbeit, da die Hitze zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen gehört und sich (meist) nicht vermeiden lässt.

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Quellen: „Sicherheitshandbuch Arbeitsschutz“, Fachzeitschrift „EHSQ-Manager“, IHK Düsseldorf, IG Metall

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