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11.10.2023 | ZOLL, EXPORT & FUHRPARK

Egal ob Waren aus einem Drittland in die EU importieren oder dorthin exportiert werden sollen – überall kommen bestimmte Zollverfahren zum Einsatz. International tätige Unternehmen müssen wissen, wann welches Verfahren in Frage kommt und welche Besonderheiten sie dabei beachten müssen. Eine passende Übersicht bietet der folgende Beitrag. 

Zollverfahren Forum Verlag Herkert GmbH

Für jedes Zollverfahren gibt es vorgegebene Abläufe und Bedingungen. (Bild: © Robert Kneschke – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Was versteht man unter Zollverfahren?
  2. Welche Zollverfahren gibt es?
  3. Welches Zollverfahren bei Reparatur?
  4. Wie läuft ein Zollverfahren ab?

Was versteht man unter Zollverfahren?

Ein Zollverfahren (englisch „customs procedure“) beschreibt die zollrechtliche Behandlung von Waren und Gütern. Es gibt sowohl Zollverfahren für Importe bzw. Einfuhren in das Gemeinschaftsgebiet der EU als auch solche für Exporte bzw. Ausfuhren. Die Zollverfahren unterscheiden sich insbesondere nach Herkunft (Unions- oder Nicht-Unionswaren), Art der Güter, Versandart sowie geltenden steuerlichen Vorgaben der betroffenen Staaten. Außerdem können Unternehmen teilweise spezielle Vereinfachungen nutzen. Rechtliche Grundlage dafür ist Art. 5 Nr. 16 i. V. m. Art. 210 Unionszollkodex (UZK).

Zollverfahren legen beispielsweise fest, welche Zollabgaben für die Beteiligten anfallen, welchen zollrechtlichen Status die Waren erhalten und welche anderen Regelungen beim Weitertransport zu beachten sind. Die Verfahren können nicht beliebig genutzt werden, sondern benötigen teilweise vorab erteilte Bewilligungen des zuständigen Zollamts. Und auch nach der Import- oder Exportkontrolle sind ggf. weitere zollrechtliche Behandlungen erforderlich, um ein bestimmtes Zollverfahren zu beenden.

Des Weiteren geben Zollverfahren Auskunft über die darauffolgende Behandlung und den rechtlichen Status eingeführter (Nicht-)Unionswaren. 

Welche Zollverfahren gibt es?

Es gibt verschiedene Zollverfahren, die immer dann anzuwenden sind, wenn Unternehmen ihre Waren und Güter in die EU ein- oder ausführen. Je nach Art der Einfuhr und dem Verwendungszweck der Lieferungen ist ein anderes Zollverfahren durchzuführen.

Welche Zollverfahren infrage kommen, definiert der Unionszollkodex (UZK) v. a. in Art. 5 Nr. 16 und Art. 210:

Zollverfahren Verwendungszweck
Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr
  • Endgültiger Verbleib der Waren im Zollgebiet der EU und Eingang in den dortigen Wirtschaftskreislauf
  • Freie Verfügung über Nicht-Unionswaren in der EU (Umwandlung in Unionswaren) 

Versandverfahren

  • Unionsverfahren und gemeinsames Versandverfahren
  • Carnet TIR und Carnet ATA
  • Postversandverfahren
  • NATO-Versandschein
  • Rheinmanifest
  • Verzollung bzw. Zahlung von Einfuhrabgaben am endgültigen Bestimmungsort der Waren (anstatt wie sonst am Grenzort)

Vorübergehende Verwendung

  • Carnet ATA
  • Vollständige oder teilweise Befreiung von Einfuhrabgaben für Nicht-Unionswaren, die zu einem bestimmten Zweck vorübergehend im Zollgebiet der Union verwendet und danach wieder ausgeführt werden sollen.
Endverwendung
  • Zollbegünstigungen oder -befreiungen für Nicht-Unionswaren mit bestimmtem Verwendungszweck
    ⇒ Anmeldung mit ATLAS und Codierung notwendig (z. B. Code 4000 für Einfuhren ohne vorangegangenes Zollverfahren)
Zolllagerverfahren
  • Lagerung von entsendeten Waren und Gütern in durch Zollbehörden zugelassenen Räumlichkeiten
Freizonenverfahren
  • Zeitlich unbegrenzte Lagerung von Nicht-Unionswaren ohne Einfuhrzölle in bestimmten Freihandelszonen innerhalb des Zollgebiets der EU

Ausfuhrverfahren

  • Einstufiges Zollverfahren (sog. Kleinsendungen)
  • Zweistufiges Zollverfahren
  • Export von Unionswaren außerhalb der EU
Wiederausfuhr
  • Wiederkehrende Ausfuhr von Nicht-Unionswaren, die nach ihrer Einfuhr in die EU nicht als Unionsware gekennzeichnet wurden (Statuswechsel) und in den Wirtschaftskreislauf eingegangen sind.
Aktive und passive Veredelung
  • Aktive Veredelung: Einfuhr von Nicht-Unionswaren in die EU für Veredelungsvorgänge ohne Zollabgaben oder handelspolitische Maßnahmen
  • Passive Veredelung: Vorübergehende Ausfuhr von Unionswaren in ein Drittland zur Durchführung von Veredelungsvorgängen mit anschließender Wiedereinfuhr

 

Bei den meisten Verfahren werden Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren überführt. Im Rahmen von Ausfuhr- und internen Versandverfahren (Art. 269 und 227 UZK) überführen die Beteiligten jedoch Unionswaren.

Des Weiteren gibt es die sog. Truppenverwendung. Dieses Zollverfahren ist nicht im UZK geregelt, sondern basiert auf dem NATO-Truppenstatut, dem nationalen Truppenzollgesetz und der Truppenzollverordnung. Die Truppenverwendung definiert spezielle zoll- und verbrauchsteuerrechtliche Vorgaben für Waren, die von der Truppe eines anderen NATO-Staates und ihren Mitgliedern versendet oder empfangen werden.

Welche besonderen Zollverfahren gibt es?

Zu den besonderen Zollverfahren nach Art. 210 UZK gehören:

  • Versand: Versandverfahren (intern und extern)
  • Lagerung: Freizonenverfahren und Zolllager
  • Verwendung: Vorübergehende Verwendung und Endverwendung
  • Veredelung: Aktive und passive Veredelung

Besondere Zollverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie entweder gar keine Zollabgaben fordern, sofern die Beteiligten ihre Waren ordnungsgemäß in das jeweilige Verfahren überführt haben (Nichterhebungsverfahren), oder erst dann Abgaben verlangen, wenn die Waren in den Wirtschaftskreislauf überführt sind. Um all diese Sonderfälle zu berücksichtigen, ist besonderes Fachwissen erforderlich.

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Weitere Besonderheiten zum Zollverfahren gelten bei grenzüberschreitenden Reparatursendungen.

Welches Zollverfahren bei Reparatur?

Nicht nur für reguläre Sendungen kommen bestimmte Zollverfahren in Betracht, sondern auch für aus dem Ausland stammende Reparatursendungen.

Zu den möglichen Verfahren gehören:

  • Abfertigung zum freien Verkehr 
  • Abfertigung zum freien Verkehr als Rückware
  • Abfertigung zur aktiven Veredelung
  • Abfertigung zur passiven Veredelung

Diese Zollverfahren unterscheiden sich insbesondere anhand der anfallenden Zollabgaben, der Einfuhrumsatzsteuer, möglicher Bewilligungen und der einzuhaltenden Fristen. Auch die Vorgehensweisen bei der Zollanmeldung können sich unterscheiden.

Zudem müssen die Beteiligten bei Zollverfahren für Reparatursendungen den Zollwert ihrer beschädigten Ware definieren. Zwar ist es bei Reparaturen schwer, den genauen Wert zu bestimmen. Allerdings helfen Kriterien wie der ursprüngliche Kaufpreis, die Nutzungsdauer der Ware oder bereits bekannte Schadenshöhen aus der Vergangenheit dabei, den Zollwert ungefähr zu bestimmen.

Bei einzelnen Reparatursendungen wird der Zollwert im Rahmen der aktiven Veredelung zusammen mit der Zollabfertigung beim Zollamt ermittelt. Für fortlaufende Reparaturen sollte der jeweilige Zollwert ggf. vorab mit dem Hauptzollamt festgelegt werden – unabhängig vom Zollverfahren.

Wie läuft ein Zollverfahren ab?

Der Ablauf eines Zollverfahrens hängt maßgeblich von der Art des Verfahrens ab und davon, ob es sich um Einfuhren oder Ausfuhren handelt.

Zollverfahren bei Einfuhren

Bei Einfuhrverfahren handelt es sich i. d. R. um Überführungen von Waren oder eine Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Hierfür muss vorab eine entsprechende Zollanmeldung erfolgen, die durch eine berechtigte Person, den sog. Ausführer, durchgeführt wird.

Sobald ein zollrechtlicher Ausführer bestimmt wurde, läuft das Verfahren zur Einfuhr wie folgt ab:

  1. Entgegennahme und Vorprüfung der Zollanmeldung (auf eventuelle Gründe zur Nichtannahme der Anmeldung).
  2. Umfassende inhaltliche Prüfung der Zollanmeldung (papiermäßig oder körperlich).
  3. Überlassung der Ware in den EU-Wirtschaftskreislauf.

Nach der Überlassung der Ware kann die zuständige Zollbehörde weitere Zollprüfungen anordnen, etwa zur nachträglichen Prüfung der Anmeldung. Für Einführen können Unternehmen jedoch auch vereinfachte Zollanmeldungen nutzen. Dabei dürfen bei der Anmeldung fehlende Dokumente zu einem späteren Zeitpunkt nachträglich eingereicht werden.

 

Dieser Ablauf des sich anschließenden Abfertigungsverfahrens gilt grundsätzlich auch für alle anderen Zollverfahren. Nur bei Ausfuhren von Unionswaren in Drittländer sind Besonderheiten zu beachten.

Zollverfahren bei Ausfuhren

Ausfuhrverfahren können entweder einstufig oder zweistufig ablaufen. Folgende Tabelle zeigt, wann welches Zollverfahren genutzt wird:

Art des Ausfuhrverfahrens Voraussetzungen für Zollverfahren
Einstufiges Zollverfahren
  • Die auszuführenden Güter haben einen Warenwert von maximal 3.000 Euro und sind als Kleinsendungen einzustufen.
  • Es gelten derzeit keine Ausfuhrverbote, Embargos im Zielland oder anderen Beschränkungen.
  • Die Beteiligten müssen keine speziellen Ausfuhrgenehmigungen oder Lizenzpflichten einholen.
Zweistufiges Zollverfahren
  • Alle anderen Fälle

 

Der Vorteil von einstufigen Zollverfahren: Das exportierende Unternehmen kann die Ausfuhranmeldung elektronisch durchführen und die Ware direkt bei der Ausgangszollstelle abgeben. Zudem können Anmeldungen für das Zollverfahren auch mündlich abgegeben werden, sofern der Warenwert nicht höher als 1.000 Euro liegt und etwaige Genehmigungen, Beschränkungen oder Verbote dagegensprechen.

Beim zweistufigen Zollverfahren müssen die zuständige Ausfuhrzollstelle und die Ausgangszollstelle miteinbezogen werden, solange keine Vereinfachungen vorliegen (z. B. zugelassener Ausführer). Hier sieht der Ablauf wie folgt aus:

  1. Eröffnung des Ausfuhrverfahrens bei der zuständigen Ausfuhrzollstelle.
  2. Beendigung des Zollverfahrens bei der Ausgangszollstelle, Erstellung von Begleitdokumenten und Ausfuhr der Ware aus dem Zollgebiet der Union.

 

Quellen: zoll.de, bußgeldkatalog.org, IHK Stuttgart

Augsburg, 11.10.2023
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

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