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21.12.2022 | GESUNDHEIT & PFLEGE

In der Medizin werden stetig neue Verfahren zur Versorgung verletzter Menschen entwickelt. Eines davon ist die sog. Kaltplasmatherapie. Hierbei wird Plasma mittels technischer Geräte auf die Wunde aufgetragen, was deren Heilung, der Sauerstoffversorgung und dem Zellwachstum dienen soll. Wie funktioniert die Kaltplasmatherapie, wo wird sie überall eingesetzt und worauf müssen Pflegekräfte bei der Anwendung achten?

Kaltplasmatherapie Pflege chronische Wunden Wundversorgung Forum Verlag Herkert GmbH

Die Versorgung chronischer Wunden kann mit passenden Methoden ergänzt werden – z. B. mit der Kaltplasmatherapie. (Bild: © Degroote Stock – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Kaltplasmatherapie?
  2. Wie funktioniert Kaltplasmatherapie bzw. was bewirkt Kaltplasma?
  3. Wo wird Kaltplasmatherapie eingesetzt?
  4. Welche Nebenwirkungen sind zu beachten?
  5. Kaltplasmatherapie: Wie oft sollte sie genutzt werden?

Was ist Kaltplasmatherapie?

Die Kaltplasmatherapie ist eine Methode, bei der medizinisches Plasma genutzt wird, um bestimmte Wunden zu versorgen bzw. zu heilen. Der Begriff „Plasma“ beschreibt dabei den Aggregatzustand eines Gases, den es erreicht, sobald ihm Energie zugeführt wird. Da hierfür keine hohen Temperaturen erforderlich sind (ca. Körpertemperatur, wenigstens 30 °C), wird es als „Kaltplasma“ bezeichnet. Es hat den Vorteil, dass es keine thermischen Wechselwirkungen mit Geweben eingeht. Stattdessen ergibt sich die Wirkung auf Wunden durch elektrische, photonische und chemische Energie. So zeichnet sich das Plasma insbesondere durch seine desinfizierenden und wundheilungsfördernden Eigenschaften aus.

Diese Vorteile der Kaltplasmatherapie können sich in der Pflege zunutze gemacht werden, z. B. in der medizinischen Wundversorgung. Hierfür entwickelten sich bereits verschiedene technologische Verfahren.

Wie funktioniert Kaltplasmatherapie bzw. was bewirkt Kaltplasma?

Bei der Kaltplasmatherapie wird das Plasma in Form von Gasentladungen kontrolliert erzeugt. Hierfür kommt punktuell oder flächig elektrische Energie zum Einsatz, etwa in Form von speziellen Stiften, Schwämmen oder Wundauflagen. Sie verbessern die Mikrozirkulation im behandelten Körperteil und können sogar bakterielle Biofilme sowie Bakterien- und Pilzsporen zerstören. Menschliche Zellen werden hingegen nicht beschädigt, da sie durch ihre Zellmembran und zellbiologischen Schutzmechanismen zusätzlich geschützt sind.

Kaltplasma wirkt zudem antimikrobiell, unabhängig vom Erreger. Keime wie Methicillin resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) oder multiresistente, gramnegative Bakterien (MRGN), die auf bestimmte Antibiotika nicht mehr ansprechen, werden in der Wunde reduziert. Des Weiteren stimuliert die Kaltplasmatherapie den Fibroblast Growth Factor 2 (FGF-2) und erzeugt so eine Proliferation von Fibroblasten und Endothelzellen. Auch die Zellmigration und Kollagensynthese werden verbessert.

Durch diese Eigenschaften bietet die Kaltplasmatherapie einige Vorteile gegenüber anderen Therapieformen. Hierzu gehören beispielsweise folgende Punkte:

  • einfache Anwendung
  • kaum schmerzhaft durch wenig oder gar keinen Hautkontakt
    → keine Sedierung oder Narkose erforderlich
  • beschleunigte Wundheilung

Zudem laufen bereits einige Studien, die die Wirkweise der Kaltplasmatherapie weiter belegen sollen. So verabschiedete der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Juli 2021 eine Studie zur Bewertung der Kaltplasmabehandlung mit einem bestimmten Pen bei chronischen Wunden. Daneben wurde im Februar 2022 eine eigene Leitlinie zum therapeutischen Einsatz von Kaltplasma veröffentlicht. 

Wo wird Kaltplasmatherapie eingesetzt?

Ein großes Einsatzgebiet der Kaltplasmatherapie ist die Versorgung und Behandlung chronischer Wunden, besonders bei solchen, bei denen konventionelle Methoden nicht geholfen haben. Hier kommt sie beispielsweise zur Behandlung folgender Symptome zur Anwendung:

  • Diabetisches Fußsyndrom
  • Chronisch venöser Ulcus cruris
  • Bakterielle Infektionen
  • Ekzeme
  • Herpes Simplex
  • Hautrhagaden (Hautrisse)
  • Mykosen (Pilzerkrankungen)
  • Ulcus cruris (Unterschenkelgeschwüren)

Die positiven Eigenschaften der Kaltplasmatherapie werden jedoch auch in anderen Bereichen genutzt, z. B.:

  • Dermatologie (Behandlung von Hauterkrankungen wie Akne oder Rosazea)
  • Zahnmedizin (Abtötung von Keimen vor der Einsetzung von Implantaten, Bekämpfung von Zahnfleischentzündungen)
  • Tiermedizin (Desinfektion von infizierten Läsionen, Heilungsförderung von schlecht heilenden Wunden bei verschiedenen Tierarten)

In der Pflege gibt es neben der Kaltplasmatherapie noch weitere Methoden zur Versorgung chronischer Wunden. So wird beispielsweise die Vakuumtherapie immer häufiger eingesetzt. Hierbei erzeugt eine elektronische Pumpe so viel Unterdruck, dass Wundsekret abfließen kann, die Durchblutung gefördert und langfristig der Heilungsprozess der Wunde unterstützt werden soll. Aber auch in Bereichen wie der palliativen Wundversorgung gibt es regelmäßig neue Erkenntnisse. Zudem gilt seit Januar 2022 eine neue Rahmenempfehlung des G-BA für die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie (HKP-RL). Sie definiert strengere Anforderungen an die Versorgung schwer heilender und chronischer Wunden.

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Wo sollte Kaltplasmatherapie nicht eingesetzt werden?

Für manche Personen oder Anwendungsfälle sollte die Kaltplasmatherapie – trotz ihrer positiven Eigenschaften – dennoch nicht herangezogen werden. Hierzu gehören:

  • Schwangere Personen
  • Kinder unter 12 Jahren
  • Stark und akut blutende Wunden
  • Wunden an offenliegenden Organen oder Schleimhäuten

Welche Nebenwirkungen sind zu beachten?

Bislang wurden keine Nebenwirkungen im Rahmen der Kaltplasmatherapie festgestellt.

Kaltplasmatherapie: Wie oft sollte sie genutzt werden?

Wann und wie oft die Kaltplasmatherapie eingesetzt wird, hängt von der vorliegenden Wunde ab. Meist empfiehlt es sich, kurze Anwendungszeiten zu befolgen und geringe Dosen des Kaltplasmas zu verabreichen. Bei stark nekrotischen oder entzündeten Wunden sollte die Plasmatherapie zunächst ergänzend zum Wunddebridement genutzt werden. Auch eine lokale oder systemische medikamentöse Therapie sollte in Betracht gezogen werden. Die Intensität der Kaltplasmatherapie sollte dabei von pflegerischem Fachpersonal gesteuert und ggf. angepasst werden. In der Praxis hat sich so etwa ein Turnus von zwei bis drei Plasmabehandlungen pro Woche etabliert.

Wird das Plasma zu hoch dosiert oder zu lange angewendet, besteht das Risiko des Zelltods durch Apoptose, eines Proliferationsstops, DNA-Schäden oder anderer negativer Effekte. Daher sollten Pflegekräfte, die mit der Kaltplasmatherapie arbeiten, entsprechendes Hintergrundwissen aufweisen, wie sie die Therapie fachgerecht benutzen.

 

Augsburg, 21.12.2022
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

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