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07.02.2024 | GESUNDHEIT & PFLEGE

Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind immer wieder Teil des öffentlichen Diskurses. Oftmals werden sie als unzureichend bezeichnet, sodass z. B. höhere Löhne gefordert werden. Dadurch verabschiedet die Gesetzgebung immer wieder verschiedene Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Ein Beispiel stellt die sog. Pflegearbeitsbedingungenverordnung (PflegeArbbV) dar. Sie gilt seit dem am 1. Februar 2024 und bildet damit die mittlerweile sechste Fassung der Verordnung. Was ändert sich mit der geplanten PflegeArbbV und wann treten welche Änderungen in Kraft?

Pflegearbeitsbedingungenverordnung PflegeArbbV Forum Verlag Herkert GmbH

Vorschriften wie die Pflegearbeitsbedingungenverordnung sollen für gerechtere Löhne und Urlaubstage in der Pflege sorgen. (Bild: © Kzenon – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Pflegearbeitsbedingungenverordnung: Inkrafttreten
  2. Für wen gilt die PflegeArbbV?
  3. Was passiert bei Verstößen gegen die Verordnung?
  4. Welche Änderungen enthält die 6. PflegeArbbV?
  5. Fälligkeit der Vergütung
  6. Fazit: Was bringt die PflegeArbbV?

Pflegearbeitsbedingungenverordnung: Inkrafttreten

Die Neufassung der Pflegearbeitsbedingungenverordnung ist die mittlerweile sechste Überarbeitung und ersetzt die 5. PflegeArbbV von 2022. Sie gilt vom 1. Februar 2024 bis einschließlich 30. Juni 2026 und wurde am 4. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Nach Auslaufen der PflegeArbbV 2026 wird sie ggf. durch eine siebte Neufassung ersetzt.

Für wen gilt die PflegeArbbV?

Grundsätzlich gilt die Verordnung für alle examinierten Pflegekräfte in Pflegebetrieben. Um als solcher Betrieb zu gelten, müssen dort z. B. folgende Leistungen erbracht werden:

  • Ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen
  • Ambulante Krankenpflegeleistungen (z. B. von ambulanten Pflegediensten)
  • Dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung (= Betreuungsdienste)

Dass Betreuungsdienste nach § 71 Abs. 1a SGB XI ebenfalls betroffen sind, ist erst seit der 5. Pflegearbeitsbedingungenverordnung 2022 der Fall. Selbst wenn nur ein Teil des Betriebs die o. g. Leistungen erbringt, fällt er unter die PflegeArbbV und es gelten die darin beschriebenen Vorgaben. 

Ob Wohngruppen und Wohngemeinschaften unter die PflegeArbbV fallen, hängt von ihrer Organisation ab. Das ist der Fall, wenn die Betreibenden der gemeinschaftlichen Wohnform als Arbeitgeber der Pflegekräfte fungieren und sich gegenüber den Mitgliedern der Wohngruppe bzw. Wohngemeinschaft zur Pflegeleistung verpflichten.

Auch Alterswohneinrichtungen können von der Verordnung betroffen sein, wenn der Betrieb vorwiegend pflegerischen Tätigkeiten nachgeht.

Für wen gilt die Verordnung nicht?

Im Umkehrschluss gilt die PflegeArbbV nicht für Krankenhäuser und andere Unternehmen im Gesundheitswesen. Konkret fallen alle Unternehmen darunter, die vorrangig einen der folgenden Zwecke erfüllen:

  • Leistungen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft
  • Schulische Ausbildung
  • Erziehung kranker oder behinderter Menschen

Darüber hinaus greift die Pflegearbeitsbedingungenverordnung nicht bei allen Beschäftigten, denn diese müssen einer pflegerischen Tätigkeit nachgehen. So sind Angestellte in den folgenden Bereichen nicht von der PflegeArbbV betroffen:

  • Verwaltung
  • Haustechnik
  • Küche
  • Hauswirtschaftliche Versorgung
  • Gebäudereinigung
  • Empfangs- und Sicherheitsdienst
  • Garten- und Geländepflege
  • Wäscherei
  • Logistik

Achtung: Ist eine Person in einem der o. g. Bereiche angestellt, kümmert sich jedoch zu mindestens 25 % der Arbeitszeit um die Tagesstruktur, Betreuung oder Pflege der Pflegebedürftigen, greifen für sie die Zusatzregelungen der PflegeArbbV.

Ebenfalls von der PflegeArbbV ausgeschlossen sind hingegen Auszubildende, Menschen im Praktikum, Ehrenamtliche und Personen eines Freiwilligendienstes (Bundesfreiwilligendienst, FSJ).

Was passiert bei Verstößen gegen die PflegeArbbV?

Verstoßen Arbeitgeber gegen die geltenden Vorgaben der Pflegearbeitsbedingungenverordnung, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit nach AEntG. In diesem Fall drohen ihnen Geldstrafen von bis zu 500.000 Euro. Außerdem ist es möglich, dass sie von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Damit das nicht passiert, müssen Arbeitgeber in der Pflege sicherstellen, dass sie alle arbeitsrechtlichen Vorgaben im Gesundheitswesen einhalten.

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Welche Änderungen enthält die 6. PflegeArbbV?

Inhaltlich beschäftigt sich die Pflegearbeitsbedingungenverordnung hauptsächlich mit dem Mehrurlaub und Mindestlohn von Pflegekräften. Es werden jedoch auch andere arbeitsrechtliche Themen in der Pflege behandelt. Welche Änderungen sich durch die 6. PflegeArbbV ergeben, zeigt der folgende Abschnitt.

Mehrulaub für Pflegekräfte

Generell steht Pflegekräften der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen pro Kalenderjahr zu, wie er im Bundesurlaubsgesetz beschrieben ist. Durch die Pflegearbeitsbedingungenverordnung erhalten sie noch zusätzlichen bezahlten Erholungsurlaub. Allerdings wurden die Urlaubstage in der 6. PflegeArbbV, verglichen mit der vorherigen Fassung, nicht erhöht.

Daher gelten weiterhin die Urlaubsansprüche der 5. PflegeArbbV:

PflegeArbbV: Urlaub bis 2022 von 2023 bis 2026
Mindesturlaub nach § 3 BUrlG 20 Tage 20 Tage
Mehrurlaub nach PflegeArbbV + 7 Tage + 9 Tage
Gesamturlaub 27 Tage 29 Tage

 

Achtung: Die neun zusätzlichen Urlaubstage pro Kalenderjahr gelten nur für Beschäftigte mit einer Fünf-Tage-Woche. Bei Teilzeit verringert sich der Anspruch auf Mehrurlaub entsprechend. Steht den Beschäftigten bereits aus anderen Regelungen bezahlter Erholungsurlaub zu (z. B. aus einem Tarifvertrag), erhalten sie lediglich die Differenz zu den in der PflegeArbbV definierten Mehrurlaubstagen.

Höherer Pflegemindestlohn ab 2024

Während der allgemeine Mindestlohn im Mindestlohngesetz (MiLoG) geregelt ist, gilt für Beschäftigte in der Pflege die PflegeArbbV. Sie basiert auf dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und regelt neben dem zuvor geschilderten Anspruch auf Mehrurlaub auch den Pflegemindestlohn.

Dieser Pflegemindestlohn ist in § 2 PflegeArbbV geregelt. Die sechste PflegeArbbV plant vom 1. Februar 2024 bis zum 1. Juli 2025 die Pflegemindestlöhne etappenweise zu steigern. Konkret sollen die von der Verordnung betroffenen Gruppen folgende Bruttostundensätze erhalten:

 PflegeArbbV: Mindestlohn Pflegehilfskräfte Qualifizierte Pflegehilfskräfte mit entsprechender Tätigkeit Pflegefachkräfte
ab 01.02.2024 14,15 Euro 15,25 Euro 18,25 Euro
ab 01.05.2024 15,50 Euro (+ 9,54 %) 16,50 Euro (+ 8,20 %) 19,50 Euro (+ 6,85  %)
ab 01.07.2025 16,10 Euro (+ 3,87 %) 17,35 Euro (+ 5,15 %) 20,50 Euro (+ 5,13 %)

 

Der erhöhte Pflegemindestlohn gilt grundsätzlich nicht für Arbeiten in Rufbereitschaft. Erst, wenn dabei tatsächlich Arbeit anfällt und erbracht wird, erhalten die Pflegekräfte für die geleistete Arbeitszeit (inkl. der Wegezeiten) den Pflegemindestlohn.

Darüber hinaus sollten ambulante Pflegedienste beachten: Der Mindestlohn muss auch für Wegezeiten zwischen mehreren aufzusuchenden Patientinnen und Patienten gezahlt werden, ebenso für den Weg zwischen den Pflegebedürftigen und den Geschäftsräumen des Pflegebetriebs.

PflegeArbbV: Fälligkeit der Vergütung

Der Pflegemindestlohn muss spätestens am letzten Bankarbeitstag des Kalendermonats ausgezahlt werden, an dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Alle anderen Zahlungen sind am Ende des Folgemonats fällig (§ 3 Abs. 1 PflegeArbbV). Zudem können etwaige Ansprüche auf den Mindestlohn verfallen, wenn die Beschäftigten sie nicht innerhalb einer Verfallsfrist von zwölf Monaten geltend machen. Hierfür müssen sie eine entsprechende Erklärung in Textform an ihr Unternehmen übermitteln (§ 5 PflegeArbbV).

Bezahlung von Bereitschaftsdiensten

Insbesondere in der Pflege werden häufig Bereitschaftsdienste genutzt. Auch hier gelten besondere Regelungen zum Umgang mit Überstunden und der Vergütung gemäß PflegeArbbV. So muss ein Bereitschaftsdienst grundsätzlich mit vollem Stundenlohn vergütet werden. Doch auch in diesem Fall können Arbeitgeber im Rahmen einer sog. Bereitschaftszeitvereinbarung abweichende Regelungen zur Vergütung treffen.

Um solch eine Vereinbarung zu definieren, muss ein Bereitschaftsdienst zunächst folgende Eigenschaften aufweisen:

  • Beschäftigte müssen sich auf Anweisung des Arbeitgebers außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit an einer bestimmten Stelle aufhalten. Dort nehmen sie bei Bedarf ihre Arbeit auf.
  • Es muss davon ausgegangen werden, dass zwar Arbeit anfällt, jedoch erfahrungsgemäß für mindestens 75 % der Zeit keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht werden muss.

Erfüllt ein Betrieb diese Eigenschaften, unterliegt er den Sonderregelungen der Pflegearbeitsbedingungenverordnung hinsichtlich Urlaub und Vergütung. So gelten bei diesen Bereitschaftsdiensten nachfolgende Vorgaben:

  • Die Zeit des Bereitschaftsdiensts inkl. der geleisteten Arbeit muss zu mindestens 40 % als Arbeitszeit gelten.
    → Hierfür muss der Pflegemindestlohn gezahlt werden.
  • Arbeitszeiten des Bereitschaftsdiensts, die mehr als 64 Stunden im Kalendermonat beanspruchen, sind ebenfalls mit dem Pflegemindestlohn zu vergüten.
  • Wenn die Arbeitsleistung innerhalb eines Bereitschaftsdiensts mehr als 25 % umfasst, muss die gesamte Zeit im Bereitschaftsdienst in der Höhe des Pflegemindestlohns gezahlt werden.

Unabhängig davon, ob eine Bereitschaftszeitvereinbarung beschlossen wurde, sollten Arbeitgeber eine monatliche Kontrollrechnung durchführen. Geeignet ist folgende Formel:

   Bruttovergütung pro Monat
÷ geleistete Arbeitsstunden (inkl. Bereitschaftsstunden)
= Stundenlohn

 

⇒ Der durch diese Formel errechnete Stundenlohn darf nicht unter dem allgemeinen Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 2 Mindestlohngesetz (MiLoG) liegen.

Umgang mit Überstunden

Im Rahmen der Pflegearbeitsbedingungenverordnung können Überstunden bis maximal 225 Arbeitsstunden in ein eigenes Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Mit diesem Konto müssen Arbeitgeber angefallene Überstunden nicht direkt im Folgemonat auszahlen, sondern können sie in mehreren Monaten mit eventuellen Minusstunden verrechnen.

Dennoch gibt es eine Einschränkung bei dieser Sonderregel: Kommen im Konto mehr als 225 Stunden zusammen, müssen diese zusätzlichen Überstunden umgehend ausgeglichen werden. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Entgeltliche Auszahlung (mindestens in Höhe des Pflegemindestlohns)
    → Auszahlung am letzten Bankarbeitstag des jeweiligen Folgemonats
  • Freizeitausgleich

Arbeitgeber können jedoch auch diese Ausnahme umgehen, indem sie mit den Beschäftigten eine entsprechende Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto treffen. Damit können sie die Obergrenze von 225 Überstunden aufheben und müssen darüber hinausgehende Arbeitsstunden weder auszahlen noch in Freizeit ausgleichen. Stattdessen lassen sie sich mit vorhandenen Minusstunden verrechnen.

In jedem Fall muss spätestens nach 16 Monaten ein Ausgleich (in Geld oder Freizeit) erfolgen. Wird das Arbeitsverhältnis beendet (z. B. durch eine Kündigung), muss das Unternehmen alle Arbeitsstunden, die zum Zeitpunkt der Beendigung nicht ausgeglichen wurden, spätestens einen Monat nach Ende der Anstellung abgelten.

Fazit: Was bringt die PflegeArbbV?

Die PflegeArbbV zeigt, wie wichtig das Arbeitsrecht in der Pflege ist. Noch immer klagen viele Beschäftigte über ungerechte Arbeitsbedingungen, etwa zu wenig Lohn oder zu viele Überstunden. Das kann zu erhöhter psychischer Belastung am Arbeitsplatz und Erkrankungen wie Burnout führen. Dem will die Bundesregierung mit der Pflegearbeitsbedingungenverordnung entgegenwirken.

Um über solch rechtliche Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben, müssen sich Pflegekräfte regelmäßig fortbilden. So schreiben es z. B. die Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) vor.

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Augsburg, 07.02.2024
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

Quellen: BundesgesetzblattBundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

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