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23.11.2022 | ENERGIE & UMWELT

Je nachdem, welche Güter wir regelmäßig konsumieren, können wir die Umwelt positiv oder negativ beeinflussen. Gleiches gilt für eine Vielzahl von Produktions- und Herstellungsprozessen in Unternehmen. Um umweltschädliche Verhaltensweisen im Konsum und der Produktion zu reduzieren, gibt es u. a. das Konzept der ökologischen Finanzreform. Sie sieht insbesondere eine Anpassung der umweltrelevanten Steuern und Abgaben vor. Welche Maßnahmen für diese Reform notwendig sind und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringen, zeigen mehrere Studien des Umweltbundesamts.

Oekologische Finanzreform Forum Verlag Herkert

(Bild: © BillionPhotos.com – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine ökologische Finanzreform? – Definition
  2. Ökologische Finanzreform: Umweltbundesamt veröffentlicht Vorschläge
  3. Vor- und Nachteile einer ökologischen Finanzreform 
  4. Fazit: Welche Bedeutung hat die ökologische Finanzreform?

Was ist eine ökologische Finanzreform? – Definition

Mit einer ökologischen Finanzreform sollen die bisherigen Steuereinnahmen des Staats so umstrukturiert werden, dass die ökologische Nachhaltigkeit vorangetrieben werden kann. Konkret sollen Maßnahmen in der Steuer- und Abgabenpolitik dafür sorgen, dass sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft stärker auf Umwelt- und Ressourcenschutz achtet. Grundlegende Elemente der Reform sind angepasste Umweltsteuern und Abgaben an den Staat, ebenso wie der Abbau umweltschädlicher Subventionen. Dabei soll die Reform bereits vorhandene Fehlanreize zur Umweltverschmutzung abbauen und eine Übernutzung spezieller natürlicher Ressourcen verringern.

Hintergrund: Einige globale öffentliche Güter wie reine Luft oder sauberes Trinkwasser sind nicht an einen bestimmten Marktpreis gebunden. Dadurch nutzen sowohl private Haushalte als auch Unternehmen zu viele dieser Ressourcen. Gleichzeitig müssen sie eventuelle Kosten, die sie mit dieser Übernutzung und damit einhergehenden Umweltproblemen verursachen, nicht selbst tragen. Daher haben sowohl Unternehmen als auch Konsumentinnen und Konsumenten häufig weniger Anreize, ressourcensparend zu agieren und in umweltschonendere Technologien zu investieren. Das kann auf Dauer zu Marktversagen führen.

Mithilfe einer ökologischen Finanzreform sollen diese Fehlanreize aufgelöst und mehr Investitionen in die ökologische Nachhaltigkeit getätigt werden. Die Finanzreform ist damit abhängig von den Unternehmen und ihren Produktions- bzw. Herstellungsprozessen (Stichwort „ökologischer Fußabdruck“), aber auch von den Privathaushalten und ihrem Konsumverhalten.

Welche Steuern sind von der ökologischen Finanzreform betroffen?

Ein wesentlicher Faktor der ökologischen Finanzreform sind entsprechende Steuererhöhungen bzw. -anpassungen. Konkret sind davon in erster Linie die Umweltsteuern betroffen. Sie verlangen Abgaben für umweltschädliche Produkte, Technologien und Verhaltensweisen. Bekannte Beispiele sind Steuern auf Plastiktüten, Autoreifen, Treibstoffe und Batterien. Steuerarten wie die Umsatz- oder Einkommenssteuer sind bislang nur wenig betroffen, bergen jedoch ein hohes Potenzial für die ökologische Finanzreform, da diese Steuern derzeit mehr Einnahmen generieren als Umweltsteuern.

Daher stellt sich die Frage: : Wie kann beispielsweise die Umsatzsteuer angepasst werden, um eine ökologische Finanzreform zu erreichen? Das untersuchte u. a. das Umweltbundesamt in mehreren Studien.

Ökologische Finanzreform: Umweltbundesamt veröffentlicht Vorschläge

Das Umweltbundesamt beauftragte das Öko-Institut, mehrere Studien und Untersuchungen zur ökologischen Finanzreform durchzuführen. Sie sollen verschiedene Ansätze liefern, wie die Reform gestaltet und umgesetzt werden kann. Herausgekommen sind unterschiedliche Steuern und Abgaben, die zu Gunsten der ökologischen Finanzreform umgebaut werden könnten.

Verbrauchsteuern und andere produktbezogene ökonomische Instrumente

In einem Abschlussbericht von September 2021 beschreibt das Öko-Institut, welche Verbrauchsteuern angepasst werden sollten, um eine ökologische Finanzreform durchzuführen. In diesem Sinne gehören zu den Verbrauchsteuern alle Abgaben, die regelmäßig auf Güter des ständigen privaten Bedarfs erhoben werden.

So schlägt das Umweltbundesamt folgende steuerrechtliche Schritte vor:

  • Verbrauchsteuer auf Zement erheben und passende Klimaschutzverträge für klimaneutralen Zement erstellen.
  • Kosten auf Herstellende von Einwegkunststoffprodukten im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung übertragen (sog. „Verschmutzungsabgabe“).
  • Steuer auf Einkaufstragetaschen einführen.
  • Nachhaltigen Kaffee von der Kaffeesteuer befreien.
  • Bepreisung von Flugfrachten durchsetzen.
  • Lithium-Ionen-Akkus verpfänden.

In seinem Bericht erforschte das Umweltbundesamt den derzeitigen Stand, notwendige Voraussetzungen und mögliche Anreize für die o. g. Maßnahmen. Dabei können diese Änderungen insbesondere den privaten Konsum bzgl. der Nachhaltigkeit positiv beeinflussen.

Die Verfasserinnen und Verfasser schlagen aber auch eine Änderung der finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes vor. So könnte die Bundesregierung z. B. Umweltabgaben oder Abgaben auf Emissionen explizit im Gesetz zulassen. Sie betonen zudem, dass sich nationale rechtliche Neuerungen zunächst leichter umsetzen lassen als länderübergreifende Vorschriften. So könnten sie Impulse für weitere Regelungen bieten, die auf internationaler oder EU-weiter Ebene umgesetzt werden.

Ökologische Finanzreform mithilfe der Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer bietet noch weitere Möglichkeiten, den Endverbrauch hinsichtlich ökologischer Aspekte anzupassen. So beschreibt ein anderer Bericht des Öko-Instituts von August 2021 folgende Methoden:

  • Umsatzsteuer für Fleisch und andere Lebensmittel tierischen Ursprungs auf 19 % anheben.
  • Reduzierten Steuersatz von 7 % für energetische Sanierungen gewähren, um CO2 einzusparen und den Klimaschutz im Gebäudebereich voranzutreiben.
  • Verringerten Steuersatz auf kleine Reparaturen einführen, v. a. für energieverbrauchsrelevante Produkte (Elektrogeräte, Möbel und Textilien).
  • Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für Sachspenden abändern.
  • Ermäßigten Umsatzsteuersatz auf 5 % senken.

Auch der laufende Reformprozess der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie (EU-MwStSystRL) soll laut den Verfasserinnen und Verfassern für die ökologische Finanzreform genutzt werden. So schlagen sie beispielsweise eine Öffnungsklausel für europäische Umweltsiegel in der Richtlinie vor.

Doch welche Chancen eröffnet eine ökologische Finanzreform insgesamt und welche Risiken sollten dabei beachtet werden?

Vor- und Nachteile einer ökologischen Finanzreform 

Die Einführung und Umsetzung einer ökologischen Finanzreform ist ein komplexer Prozess. Sie kann den Aspekt des Naturschutzes vorantreiben, erfordert jedoch auch viel Vorbereitung und das Mitwirken verschiedener Akteure. Dadurch können sich einige Probleme ergeben, die eine solche Abgaben- und Steuerreform erschweren. Daher folgt hier eine Abwägung von Vor- und Nachteilen einer ökologischen Finanzreform.

Vorteile ökologische Finanzreform Nachteile ökologische Finanzreform
  • Verringerung der Staatsausgaben bzw. Schaffung zusätzlicher Staatseinnahmen.
  • Erhöhte Anreize für Unternehmen und Privatpersonen zur nachhaltigeren Gestaltung von Konsum und Produktion.
  • Erreichung vorgegebener politischer Ziele: Sustainable Development Goals (SDGs), Nationally Determined Contributions (NDCs), Pariser Klimaabkommen etc.
  • Höhere soziale Gerechtigkeit, z. B. durch Reinvestitionen in nachhaltiges Wachstum oder eine gerechtere Einkommensverteilung.
  • Geringeres Einnahmepotenzial von Umweltsteuern (verglichen mit anderen Steuerarten).
  • Gesellschaftliche und politische Akzeptanz ist entscheidend (Reform betrifft alle Teile der Bevölkerung).
  • Mögliche Wachstumseinbußen für Unternehmen.
  • Verringerte Wettbewerbsfähigkeit in bestimmten Branchen.

 

Fazit: Welche Bedeutung hat die ökologische Finanzreform?

Die ökologische Finanzreform ist ein wichtiges Mittel, um die Wirtschaft innerhalb und außerhalb Deutschlands zukunftsfähig zu gestalten. Mit den entsprechenden Regularien kann sie dafür sorgen, dass wir unseren Konsum umweltfreundlicher ausrichten. Dazu gehört aber auch eine gleichermaßen angepasste Produktion und Herstellung der Unternehmen.

Um die ökologischen Ziele der Finanzreform zu erreichen, sind eine ausreichende Vorbereitung und entsprechende staatliche Vorgaben notwendig. Hierfür gibt es bereits einige gesetzliche Regelungen, wie die Pflicht für Unternehmen zum Verfassen eines Nachhaltigkeitsberichts. Aber auch Indikatoren wie der ökologische Fußabdruck eines Betriebs spielen eine wesentliche Rolle beim Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Mit der ökologischen Finanzreform sollen weitere solcher Vorschriften folgen.

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Augsburg, 23.11.2022
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

Quellen: Umweltbundesamt, Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ)

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