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22.04.2021 | BAU & IMMOBILIEN

Ist das Bautagebuch Pflicht und was muss in welcher Form dokumentiert werden? Dieser Beitrag gibt Bauleiter/innen und Bau-Verantwortlichen einen Überblick. Neben dem Unterschied zwischen Bautagebuch und Bautagesbericht und konkreten Vorgaben stehen insbesondere die Möglichkeiten und Vorteile im Fokus, die ein digitales Bautagebuch eröffnet. Dazu geben wir Tipps zur Auswahl von digitalen Bautagebuch-Lösungen und zur optimalen Führung eines Bautagebuchs.

 

Nicht deckungsgleich: Bautagebuch und Bautagesbericht

Zwei Personen auf einer Baustelle, Mann in Anzug und Schutzhelm erklärt etwas mit Plan in der Hand, Frau in Business-Kleidung mit Mappe steht daneben

Nach der Auftragserteilung durch die Bauherr/innen stehen Bauleiter/innen in der Pflicht, alle relevanten Informationen zum Bauvorhaben zu dokumentieren. Besondere Arbeitserleichterungen und Transparenz gewährleistet das digitale Bautagebuch. (Bild: © pitb_1 / stock.adobe.com)

Zunächst zu den Begriffen: Ganz allgemein dient das Bautagebuch den Interessen des Auftraggebers/der Auftraggeberin und unter anderem dazu,

  • das Baugeschehen in allen wesentlichen Einzelheiten zu dokumentieren.
  • zuverlässige und beweiskräftige Aussagen zu treffen.
  • die Bauvorgänge an Neubauten wie auch Bestandsbauten sorgfältig festzuhalten.

Insofern beschreiben Bautagebücher alle relevanten Informationen, Vorgänge und Bauabschnitte, die das ganze Bauobjekt betreffen. Bautagesberichte haben zwar ähnliche Informationen zum Inhalt. Jedoch dokumentieren sie in erster Linie einen Bautag im Hinblick auf die konkret erbrachten Leistungen der ausführenden Firmen. Dazu zielen Bautagesberichte auf einen Abgleich von erteilten Aufträgen und IST-Zustand auf der Baustelle ab, können jedoch nicht als Nachweis herangezogen werden.

Ein entsprechend geführtes Bautagebuch hingegen

  • sollte alle verfügbaren Informationen enthalten, die das Bauvorhaben betreffen und dazu berücksichtigt werden müssen.
  • bildet eine wichtige Grundlage für Abrechnungen und dokumentiert eingesetzte Kapazitäten und Ressourcen, Unterbrechungen und andere Vorkommnisse.
  • dient zur Überprüfung, ob etwaige Ansprüche bezüglich Baumängeln, Schadensersatz oder Ähnlichem gerechtfertigt sind.

In der Regel führt das Bautagebuch der/die Bauleiter/in. Öffentliche und private Bauherr/innen haben ein Einsichtsrecht und dürfen eine Kopie einfordern. Jedoch haben sie keinen Anspruch auf die Herausgabe des Originals (siehe BGH-Urteil des VII. Zivilsenats vom 28.7.2011 - VII ZR 65/10).

Was ist ein digitales Bautagebuch?

Mann mit Schutzhelm und Warnweste gibt Daten in digitales Gerät ein, im Hintergrund eine Baustelle mit Rohbau und Gerüst

Ein entscheidender Vorteil, den ein digitales Bautagebuch mit sich bringt, ist die Möglichkeit zum ortsunabhängigen Arbeiten. So können Bauleiter/innen das Bautagebuch beim Baustellenbesuch fortschreiben und gegebenenfalls die Einträge später bearbeiten. (Bild: © Sebastiano Fancellu / stock.adobe.com)

Ein digitales Bautagebuch erfüllt alle Zwecke eines analogen Bautagebuchs. An sich ist es den Verantwortlichen überlassen, ob sie der Bautagebuch-Pflicht handschriftlich nachkommen oder spezielle Bautagebuch-Software nutzen. Der Einsatz einer geeigneten Software bedeutet vor allen Dingen eine Aufwandsreduktion, insbesondere im Hinblick auf

  • das schnelle Erfassen aller relevanten, oft umfangreichen Informationen, die für eine sorgfältige Dokumentation notwendig sind.
  • die Möglichkeit zur Verknüpfung mit weiteren Medienformaten für eine bessere Veranschaulichung, etwa durch verortete und kommentierte Fotos.
  • das schnellere Ausfindigmachen relevanter Informationen zum Zweck der Ursachenfindung, beispielsweise bei Verzögerungen im Bauverlauf.

Bauleiter/innen profitieren von zusätzlichen Funktionalitäten

Des Weiteren eröffnen geeignete Bautagebuch-Apps und -Software nützliche Optionen, wie zum Beispiel:

  • Geräteübergreifend und ortsunabhängig arbeiten: Idealerweise ist das Programm sowohl am Computer im Büro sowie auf einem mobilen Gerät installiert und synchronisiert. So kann auch das digitale Bautagebuch beim Baustellenbesuch geführt werden, Eintragungen lassen sich im Nachgang finalisieren.
  • Mehrfacheingaben einsparen: Die neue Eingabe von Daten ist oft nicht mehr erforderlich. Vielmehr können geprüfte Datensätze, Stammdaten, Witterungsbeschreibungen und wiederkehrende Formulierungen sowie Ereignistypen unkompliziert übernommen werden, was die Schreibarbeit erheblich vereinfacht.
  • Spracheingabe in Text umwandeln: Viele Anwendungen verfügen über die Möglichkeit, Eintragungen auch per Diktieren vorzunehmen.
  • Strukturiert eintragen: Zugeschnittene Abfragen und Eingabefelder sorgen dafür, dass alle wichtigen Informationen erfasst und keine erforderlichen Details vergessen werden.
  • Bildmaterial dokumentieren: Unterschiedliches Bildmaterial lässt sich gezielt verknüpfen und bearbeiten, etwa mit visuellen Markern und Kommentierungen. Auch digitale Baupläne sowie Scans von Lieferprotokollen, Produkt- und Chargenaufkleber und Bautagesberichte lassen sich hinzufügen.
  • Fehlentwicklungen entgegenwirken: Voraussetzung ist, dass das digitale Bautagebuch entsprechend sorgfältig gepflegt wird. Dann kann die Software dabei helfen, Verzögerungen und Fehlentwicklungen in der Bauzeitenplanung frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

Um alle Informationen optimal zu dokumentieren, in Verbindung zu bringen und richtig auszuwerten, sollten sich Bauleiter/innen gezielt mit dem Thema auseinandersetzen. Dazu eignet sich unser E-Learning „Digitales Baumanagement“ als zeitlich flexibler und kompakter E-Learning zum Baumanagement an. Ein Schwerpunkt liegt auf dem optimalen Einsatz des digitalen Bautagebuchs. Alle weiteren Informationen dazu finden Sie hier:

 

Dies muss jedes digitale Bautagebuch dokumentieren

Mann in Hemd und mit Schutzhelm bei der Objektüberwachung mit Tablet in der Hand, im Hintergrund Baumaschinen

Das digitale Bautagebuch hat den gleichen Inhalt wie die handschriftliche Dokumentation. Jedoch bieten sich so deutlich mehr Funktionalitäten, Transparenz und Verknüpfungsmöglichkeiten mit weiteren Formaten wie etwa Bildmaterial. (Bild: © Serhii / stock.adobe.com)

Einige Punkte muss jedes analoge und digitale Bautagebuch beinhalten, wie etwa:

  • Zeitpunkt der Übergabe der Ausführungsunterlagen
  • Beginn und Ende der einzelnen Bauarbeiten
  • Untergliederung der einzelnen Bauarbeiten in Fortschritt und Gewerke
  • Wetterbedingungen und Windverhältnisse
  • Daten zu den beteiligten Mitarbeitenden vor Ort, einschließlich Anzahl, jeweiliger Qualifikation und Arbeitszeit
  • Einsatz von Großgeräten
  • Anlieferungszeitpunkt von Bauteilen und -stoffen
  • Technische Ausführung von Anordnungen zur Bauausführung
  • Ergebnisse von Baustellenbesprechungen

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Weitere Punkte sind zum Beispiel bei Bestandsbauten und insbesondere bei denkmalgeschützten Bauwerken notwendig. So empfiehlt es sich hier, ebenfalls zu dokumentieren, welche Materialien bereits verbaut sind und welche neu zu verbauenden Baustoffe eingesetzt werden sollen.

In jeder Form – ob nun als analoges oder digitales Bautagebuch – ist es ein wichtiges Instrument, das Bauleiter/innen zur Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben benötigen. Beispiele sind

  • die fortlaufende Kontrolle der Kosten,
  • die Prüfung von Rechnungen sowie Nachtrags- oder Ersatzforderungen,
  • die Ursachenfindung bei Baumängeln und Terminverzögerungen,
  • Abwicklung des Gesamtprojekts und Teilabschnitten oder
  • das Baustellenmanagement insgesamt.

Pflicht zur Führung und Vorgaben zum Bautagebuch nach HOAI

Die Erstellung eines Bautagebuchs geht mit Beginn der Leistungsphase Acht, LPH 8 Objektüberwachung (Bauüberwachung) und Dokumentation einher. Nach der Honoraranordnung für Architekt/innen und Ingenieur/innen (HOAI) ist das Führen des Bautagebuchs eine geeignete Form, dieser Bauleiter/innen-Pflicht nachzukommen. Gegenstand der Vorgaben an diesem Punkt sind jedoch die allgemeinen Grundleistungen und besonderen Leistungen. Hingegen nicht näher beschrieben ist das Bautagebuch nach HOAI bezüglich Form und Inhalt.

Aber nicht nur verantwortliche Bauleiter/innen sind zu einer lückenlosen Dokumentation des Bauablaufs verpflichtet. Gerade im Rahmen von größeren Bauvorhaben haben auch die ausführenden Unternehmen die Pflicht, ein Bautagebuch zu führen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass diese Dokumentation das Bautagebuch der Bauleiter/innen ersetzen könnte, denn Inhalt und Details beziehen sich auf die Ausführungen der konkreten Bauleistungen, die durch sie umgesetzt wurden. Gleichzeitig sind sie oft nur an einzelnen Bauabschnitten beteiligt und haben das Gesamtprojekt nicht im Blick.

Optimale Führung eines digitalen Bautagebuchs: Tipps für Bauleiter/innen

Wer ein digitales Bautagebuch einsetzen möchte, sollte für eine möglichst reibungslose und effiziente Nutzung einige Punkte beachten.

Passende Bautagebuch-Software auswählen

Um entsprechende Arbeitserleichterungen zu erzielen ist die Auswahl der passenden Bautagebuch-Software von zentraler Bedeutung. Besonders zu berücksichtigen sind hierbei:

  • Intuitive Bedienung
  • Einfache Strukturierung
  • Praxisorientierte Details

Kommen mobile Lösungen und ergänzende Bautagebuch-Apps hinzu, ist es essenziell, dass diese

  • auch offline verwendet und
  • problemlos mit den anderen Geräten synchronisiert werden können.

Schließlich ist eine Online-Datenverbindung in ausreichender Qualität auf Baustellen nicht zwangsläufig gewährleistet. Darüber hinaus erweisen sich folgende Kriterien als hilfreich:

  • Option zur projektübergreifenden Zusammenstellung von Bautagebuchdaten, zum Beispiel nach ausführendem Bauunternehmen oder spezifischen Baumängeln.
  • Bautagebuch als integriertes Modul in BMSP-, iBPM- oder AVA-Lösungen, was eine durchgängige Datennutzung ermöglicht.
  • Mindestens Schnittstellen zur Datenübernahme in die bestehende Büro-Software-Umgebung, wenn keine direkte Einbindung möglich ist.

Was jedoch in jedem Fall unerlässlich ist, ist die Einhaltung von Datenschutzstandards. Schließlich handelt es sich um arbeitsbezogene, sensible und teils persönliche Daten, deren Schutz gewährleistet sein muss.

Wie Bauleiter/innen ein digitales Bautagebuch effizient führen

Allgemein hat Sorgfalt höchste Priorität bei der Bautagebuchführung, schon allein da es unter anderem eine Grundlage für zahlreiche Gerichtsentscheidungen bildet. Zudem haben Bauleiter/innen damit einen wichtigen Hebel in der Hand, um

  • Fehlentwicklungen vorauszusehen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen,
  • etwaige Honorarminderungen zu vermeiden und
  • gegebenenfalls Schadensersatzklagen abzuwehren.

Um eine entsprechend lückenlose Dokumentation des Bauablaufs zu gewährleisten, empfiehlt es sich,

  • diese Arbeit in den täglichen Arbeitsablauf zu integrieren. Ein digitales Bautagebuch lässt sich auch vor Ort gut fortschreiben, zudem fällt es leichter, Informationen tagesaktuell zu notieren.
  • die Abstände zwischen den Eintragungen kurz zu halten. Der zeitnahe Eintrag im Bautagebuch lässt Baumängel schneller ins Auge fallen, sodass sich diese leichter beheben lassen.
  • die Dokumentation im Zusammenhang mit den Sicherungspflichten zu sehen. So werden anstehende Arbeiten nur dann ausgeführt, wenn alle notwendigen Bedingungen erfüllt und Sicherheitsvorkehrungen gegeben sind.

Zudem sollte die Dokumentation, ob nun als analoges oder digitales Bautagebuch, unbefristet aufbewahrt und sorgfältig archiviert werden. Denn selbst Jahre nach Fertigstellung des Objekts können inhaltliche Details nochmals relevant werden.

Digitales Bautagebuch: Wichtiges Instrument im digitalen Baumanagement

Klar ist: Die sorgfältige Dokumentation ist eine Grundleistung und unumstößliche Pflicht der verantwortlichen Bauleiter/innen. Als analoges wie auch digitales Bautagebuch kann sie notfalls auch als wichtiges Beweismittel dienen und zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten beitragen. Die digitale Form kann den Aufwand erheblich reduzieren, vielseitigen Mehrwert bringen und in bestehende Büro-Software-Umgebungen eingebunden werden.

Notwendige Kernkompetenzen und Praxishinweise erwerben Bauleiter/innen wie auch Architekt/innen und Ingenieur/innen in unserem E-Learning zum Baumanagement: Das 75-minütige E-Learning Digitales Baumanagement – So gelingt die Digitalisierung auf der Baustelle. Neben einer allgemeinen Einführung in das papierlose Arbeiten, insbesondere im Architektur- und Planungsbüro, geht es vorrangig um die digitale Bauleitung. Dabei handelt es sich um eine zeitlich flexible Lerneinheit, die

  • online abgerufen werden kann,
  • auf anschaulichen Best-Practice-Beispielen aufbaut und
  • auf die praktische Anwendung im Arbeitsalltag angewendet werden kann.

Alle weiteren Informationen erhalten Sie hier:

 

 

Augsburg, 22.04.2021
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

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