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01.06.2022 | BAU & IMMOBILIEN

Die Digitalisierung führt in vielen Bereichen zu neuen Methoden der Zusammenarbeit. Auch im Bauwesen ist diese Entwicklung zu beobachten: Digitale Konzepte werden immer häufiger genutzt, um sich stärker zu vernetzen und um Bauzeiten sowie Kosten zu sparen. Hierbei kommt z. B. das sog. Building Information Modeling (BIM) zum Einsatz. Doch worauf kommt es beim digitalen Bauen und Planen an? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden und welche Vorteile lassen sich damit erzielen?

Digitales Bauen und Planen BIM Forum Verlag Herkert GmbH

Der digitale Wandel macht auch im Bauwesen nicht Halt: Digitale Baukonzepte werden bereits in vielen Bereichen erfolgreich umgesetzt. (Bild: © Chaay_tee – stock.adobe.com)

Inhaltsverzeichnis

  1. Was bedeutet digitales Bauen?
  2. Welche Vorteile bietet digitales Bauen?
  3. Wie gelingt digitales Bauen?

Was bedeutet digitales Bauen?

Der Begriff „digitales Bauen“ ist nicht fix definiert, beschreibt im Allgemeinen jedoch die Digitalisierung von Bauprozessen. Dabei können bereits Entwurf und Planung über digitale Kanäle erfolgen, aber auch der Bau, Erhalt oder Abriss von Gebäuden. Je nach Vorhaben nutzen entweder einzelne Beteiligte das digitale Bauen, z. B. Architekten oder Ingenieure. Es können jedoch auch alle Parteien gemeinsam am digitalen Bauen mitwirken, also z. B. auch Verantwortliche aus der Bauleitung, Planung, Statik oder Gebäudeausrüstung.

Ein häufig genutztes Tool in diesem Bereich ist das sog. BIM. Es ermöglicht den Beteiligten, den gesamten Lebenszyklus eines Objekts virtuell abzubilden.

Definition: Was ist BIM?

Building Information Modeling (BIM) ist eine kooperative Arbeitsmethode, mit deren Hilfe sich ein Bauwerk als digitales 3D-Modell darstellen lässt. Die hierfür benötigten Daten werden von allen erforderlichen Beteiligten am Projekt zusammengetragen. So sammeln zunächst alle Planer die wichtigsten geometrischen Informationen zum Gebäude. Die damit vordefinierten Bauteile/Räume können anschließend zu einem virtuellen Modell zusammengebaut werden. Hierbei lassen sich u. a. das Volumen und die Nutzungsmöglichkeiten der Räume festlegen.

Zusätzlich kann das digitale Bauwerk mit weiteren wichtigen Daten ergänzt werden, z. B.:

  • Material
  • Brandschutzmerkmale (z. B. Flucht- und Rettungswege)
  • Umweltrelevante Aspekte (z. B. Abfallmanagement, Gewässerschutz)
  • Schalldurchlässigkeit
  • Lebensdauer des Objekts

Berücksichtigt das Modell neben den o. g. Punkten auch Zeit und Kosten für das Vorhaben, wird es sogar als vier- bzw. fünfdimensionales Modell bezeichnet. Sobald alle notwendigen Daten vorliegen, kann ein entsprechendes Computerprogramm daraus das virtuelle Bauwerk erstellen. Damit können die Verantwortlichen im weiteren Verfahren gemeinsam an der Umsetzung des geplanten Objekts arbeiten.

Veranstaltungsempfehlungen

Passende Impulse zu aktuellen Themen im Bauwesen wie der Digitalisierung liefert die „Jahrestagung Bauleitung“. Sie liefert Fachvorträge aus den Bereichen Baurecht, Bautechnik und Management und bietet die Möglichkeit zum fachlichen Austausch. Beim digitalen Bauen spielt zudem der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eine immer größere Rolle. Welche Chancen sich hier für das Bauwesen ergeben, zeigt das Online-Seminar „KI in der Baubranche“. Informieren Sie sich jetzt!

 

Welche Vorteile bietet digitales Bauen?

Digitales Bauen und Planen ist nicht zur zeitgemäß, es bringt außerdem eine Reihe weiterer Vorteile mit sich. Konkret ermöglichen BIM und andere digitale Baumethoden folgende Chancen:

  • Alle Beteiligten können sich bereits frühzeitig (digital) vernetzen und eng miteinander austauschen, um die generelle Zusammenarbeit am Projekt zu verbessern.
  • Wenn die Planung digital erfolgt, lassen sich Planungsfehler vermeiden, etwa durch frühzeitige Kollisionsprüfungen.
    → Das spart Bauzeiten und Kosten.
  • Projektvarianten lassen sich einfacher visuell darstellen.
  • Der gesamte Bauablauf kann dank computergestützter Simulation reibungsloser erfolgen.

Doch damit Architekten, Bauplanung und andere die Vorteile des digitalen Bauens nutzen können, bedarf es einiger rechtlicher und organisatorischer Voraussetzungen.

 

Wie gelingt digitales Bauen?

Zu den notwendigen Rahmenbedingungen gehören sowohl gesetzliche als auch strukturelle Änderungen. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über die wichtigsten Punkte.

Rechtliche Regelungen: Stufenplan 

Der Gesetzgeber hat auch die Aufgabe, digitales Bauen voranzutreiben und auszubauen. Hierfür verabschiedet er entsprechende Gesetze und definiert Maßnahmen, mit denen die Digitalisierung im Baubereich vorangetrieben wird.

Ein entsprechendes Mittel ist der sog. „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“ des Bundesverkehrsministeriums (BMVI). Er wurde bereits 2015 veröffentlicht und beschreibt, wie Auftraggeber und Auftragnehmer digitales Planen, Bauen und Betreiben umsetzen. Zwar gilt der Plan in erster Linie für den infrastrukturbezogenen Hochbau, er lässt sich jedoch auch in anderen Bereichen als Arbeitsmodell nutzen.

Insgesamt sieht der Stufenplan Digitales Bauen folgenden Ablauf vor:

Zeitraum Umsetzungsphase
2015 bis 2017 Vorbereitungsphase
2017 bis 2020 Erweiterte Pilotphase (Leistungsniveau 1)
→ Mindestanforderungen für digitales Bauen und den Einsatz von BIM
ab 2020 BIM-Niveau 1 für alle neu zu planende Projekte

 

Mithilfe des Stufenplans sollen z. B. öffentliche Auftraggeber lernen, wie sie mit Methoden wie BIM umgehen und projektspezifische Anforderungen zum digitalen Bauen definieren. Hierfür plant die Regierung insbesondere folgende Maßnahmen: 

Bereich Maßnahmen
Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA)
  • Öffentliche Auftraggeber sollen Kataloge mit Musteranforderungen erstellen, die für unterschiedliche Bauwerke aus Infrastruktur und Hochbau gelten.
  • Es sollen Empfehlungen zur Vertragsgestaltung definiert werden, die die Zusammenarbeit für digitale Bauprojekte regeln.
  • Es sollen eigene BIM-Datenbanken aufgebaut werden, die bestimmte Anwendungsfälle, Leistungsbilder für Bauteile und andere verknüpfte Informationen enthalten.
  • Außerdem soll es Hinweise geben, in welchen Fällen sich BIM oder ähnliche Arbeitsmethoden nur teilweise oder gar nicht eignen.
Herstellerneutrale Datenformate und -standards
  • Experten aus Deutschland sollen sich an internationalen Standardisierungsprozessen beteiligen, um deutsche Interessen zu vertreten.
  • Die Privatwirtschaft soll Zertifizierungsverfahren entwickeln, um Softwareangebote für das herstellerneutrale Datenformat IFC zu bewerten.
Arbeitsprozesse
  • Deutsche Normungsgremien sollen sich an der Entwicklung einer europäischen Spiegelnorm zur ISO 19650 beteiligen.
    → Die Norm enthält Grundlagen und Regeln zur Erstellung, Verwertung, Verwaltung und Weitergabe von Informationen für digitales Bauen.
  • Für den Arbeitsablauf bei verschiedenen Bauwerkstypen sollen Leitfäden und Musterbeispiele erstellt werden.
  • Privatwirtschaftliche Unternehmen sollen entsprechende Schulungen zum digitalen Bauen entwickeln und anbieten.
Qualifizierung
  • Ein Fragenkatalog soll prüfen, ob Auftraggeber und Auftragnehmer über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um mit BIM o. ä. Methoden zu arbeiten.
  • Hochschulen sollten in der akademischen Ausbildung von Architekten und Ingenieuren BIM und dessen Anforderungen berücksichtigen.
  • Berufsgenossenschaften sollen die Anwendung von BIM und deren Kenntnisse in duale Ausbildungen integrieren.
Vertragsgestaltung
  • Ggf. sollen Musterverträge erstellt werden, die den vertraglichen Rahmen für die Arbeit mit BIM darstellen.

 

Hinweis: Laut Stufenplan Digitales Bauen bedeutet die Anwendung von BIM keine Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Sie gehört im Leistungsbild für Gebäude bereits zu den „Besonderen Leistungen“. Sollte es zu „Besonderen Leistungen“ im Rahmen des digitalen Bauens kommen, können die Honorare frei festgelegt werden.

Die geplanten Maßnahmen zeigen, dass die Gesetzgebung zwar einige Möglichkeiten hat, digitales Bauen im Bauwesen voranzutreiben. Für die tatsächliche Umsetzung braucht es jedoch die einzelnen Betriebe und Unternehmen der Branche, die BIM und andere Methoden in der Praxis umsetzen.

Organisatorische Maßnahmen im Unternehmen

Um ein digitales Bauprojekt erfolgreich durchzuführen, sollten alle beteiligten Sachverständigen zunächst klare vertragliche Regelungen festlegen. Damit definieren sie etwa die Zuständigkeiten bei der digitalen Planung und die technischen Voraussetzungen. Zudem ist es für BIM und andere digitale Methoden essenziell, dass die ausgetauschten digitalen Daten (Material, Raumgrößen etc.) miteinander kompatibel sind. Daher sollten alle Beteiligten die gleichen standardisierten Austauschformate und Baustellenbeschreibungen nutzen.

Mögliche Formate für das digitale Bauen sind:

  • „Industry Foundation Classes“ (IFC)
    → Wird bereits im Hochbau sehr häufig eingesetzt.
  • „Objektkatalog für das Straßen- und Verkehrswesen“ (OKSTRA)

Darüber hinaus müssen sich sowohl Planer und Auftraggeber als auch Ausführende entsprechende Kompetenzen aneignen, um mit einem Modell wie BIM umzugehen. Hinzu kommen Planungs- und Bauprozesse, die für jedes digitale Bauvorhaben entwickelt werden müssen. Hierbei sollten alle Beteiligten stets teamorientiert planen und eng miteinander zusammenarbeiten.

Veranstaltungsempfehlung

Wie Künstliche Intelligenz bei digitalen Bauvorhaben unterstützen kann, erklärt das Online-Seminar „KI in der Baubranche“. Es vermittelt einen Überblick über die Möglichkeiten, die die aktuellen KI-Innovationen bieten, etwa im Bereich Baurobotik, Bauteilanalyse und KI auf der Baustelle.

 

Augsburg, 01.06.2022
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT 

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