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25.06.2021 | ARBEITSSCHUTZ & ARBEITSSICHERHEIT

Das Arbeitsschutzgesetz schließt seit 2013 in der Gefährdungsbeurteilung die psychische Belastung am Arbeitsplatz mit ein. Die Symptome weisen dabei vielfältige Ausprägungen auf, wobei Unternehmen sie häufig vernachlässigen. Wie wichtig eine Sensibilisierung von Führungskräften ist, beweisen unter anderem Statistiken zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz. Beispiele, Erläuterungen und Praxis-Tipps erhalten Führungskräfte und Fach-Verantwortliche in diesem Beitrag.

 

Grundlagen zur Bestandsaufnahme und Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung

Je nach Arbeitsplatzgestaltung und -organisation bestehen zahlreiche Risikofaktoren für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Je nach Ausprägung und Dauer können diese mitunter zu körperlichen Beschwerden führen.

Was zählt als psychische Belastung am Arbeitsplatz?

Das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz umfasst zunächst sämtliche Einflussfaktoren,

  • mit denen sich Mitarbeitende im Rahmen der Arbeit auseinandersetzen müssen
  • die Einfluss auf ihre Psyche nehmen – positiv wie negativ.

Die Definition wertet die psychische Belastung bei der Arbeit also zunächst neutral. Dazu unterteilt die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) die psychischen Belastungsfaktoren nach fünf Merkmalsbereichen.

Diese wiederum weisen verschiedene mögliche kritische Ausprägungsformen auf:

 MerkmalsbereichBeispiel
1 Arbeitsinhalt und Arbeitsaufgabe ausschließlich ausführende Tätigkeiten ohne Einfluss auf Verfahren oder Reihenfolge dieser
2 Arbeitsorganisation etwa hoher Zeitdruck oder ungünstig gestaltete Schichtarbeit
3 Soziale Beziehungen fehlendes Feedback oder Qualifikation der Führungskräfte
4 Arbeitsumgebung hoher Lärmpegel oder räumliche Enge
5 Neue Arbeitsformen reduzierte Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben

Die Beanspruchung der Personen bezeichnet deren individuelle Reaktion auf die jeweilige psychische Belastung. Symptome können entsprechend variieren, ebenso die konkreten Einflussfaktoren je nach Branche, Aufgabenbereich und Arbeitsplatzgestaltung.

Aktuelle Situation verändert relevante Belastungen am Arbeitsplatz

Frustrierte junge Frau in Business-Kleidung fasst sich resigniert an die Stirn mit geschlossenen Augen, Homeoffice-Schreibtisch mit Laptop, Unterlagen, Brille und Taschenrechner

Relevante Faktoren zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz betreffen auch die Remote-Arbeit. Weitgehend unterschätzt ist im Hinblick auf die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, dass einschlägige Symptome im Homeoffice lange unentdeckt bleiben können. (Bild: © Studio Romantic / stock.adobe.com)

 

Bei der spezifischen Gefährdungsbeurteilung für die psychische Belastung am Arbeitsplatz spielen auch vergleichsweise kurzfristige Faktoren eine Rolle. Die Corona-Pandemie führte in diesem Zusammenhang teils zu Extremsituationen und es kamen verstärkt Faktoren hinzu wie

  • Arbeitsplatz-Unsicherheit,
  • Kurzarbeit und
  • Homeoffice.

Eine umfassende Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung am Arbeitsplatz ist derzeit wichtiger denn je. Die korrekte Umsetzung – auch unter Berücksichtigung aller permanenten sowie kurzfristigen Merkmale psychischer Belastung am Arbeitsplatz – erfordert theoretisches Fachwissen und praxisbewährte Methodik. Diese können Arbeitsschutz-Verantwortliche sowie Geschäftsführer/innen, Führungskräfte und Betriebs- sowie Personal-Verantwortliche im halbtägigen Online-Seminar „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“ der AKADEMIE HERKERT erwerben. Darin lernen Sie alle wichtigen Grundlagen und Maßnahmen kennen und können eine Gefährdungsbeurteilung selbständig erstellen. Weitere Informationen sowie Einblicke in Inhalte und Methodik finden Sie hier:

 

Der Stellenwert der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen wird allgemein unterschätzt

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und damit notwendige Arbeitsschutz-Maßnahmen zu ermitteln (§ 5 ArbSchG). Seit 2013 schließt dies auch psychische Belastungen mit ein.

Mobbing am Arbeitsplatz: Das Beispiel ist weit verbreitet

Mann in Anzug in nachdenklicher Haltung an Arbeitsplatz mit Working Station und Headset, eine Frau in Business-Outfit spricht ihn an

Unternehmenskultur, Betriebsklima und Teamgeist sind zentrale Aspekte im Umgang mit Mobbing, Bossing sowie anderen Faktoren psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Gegenseitige Unterstützung und die Verfügbarkeit von Ansprechpartner/innen sind nur zwei Beispiele wichtiger Maßnahmen. (Bild: © Bojan / stock.adobe.com)

 

Neben der Burnout-Prävention wird häufig das Mobbing am Arbeitsplatz als Beispiel herangezogen – mit gutem Grund. Denn dies ist bei Weitem kein Einzelphänomen:

  • 29 Prozent der Befragten wurden selbst schon einmal im Arbeitskontext gemobbt.
  • 17 Prozent haben Mobbing bei Vorgesetzten und/oder Kolleg/innen erlebt.
  • Vier Prozent haben sich an Mobbing am Arbeitsplatz beteiligt.

Darunter fällt auch Bossing am Arbeitsplatz, bei dem insbesondere Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden angreifen. Als Auslöser für Diskriminierung bei der Arbeit werden vor allem genannt:

  • Alter (49 Prozent)
  • Geschlecht (37 Prozent)
  • Religion und Weltanschauung (25 Prozent)
  • Herkunft oder kultureller Hintergrund (21 Prozent)

Pflicht und Notwendigkeit für Unternehmen zu handeln

Tatsächlich wird das Thema Mobbing am Arbeitsplatz in vielen Unternehmen stark vernachlässigt. Dies zeigt etwa der Umstand, dass es nach wie vor zu wenig entsprechende Hilfsangebote gibt. Unzureichende Gefährdungsbeurteilungen der psychischen Belastungen erhöhen zudem die Gefahr eines Braindrain. Umfragen zufolge würde jede siebte Person im Fall von Mobbing den Job wechseln.

Frühzeitiges Erkennen, entsprechende Hilfsangebote und konsequente Maßnahmen spielen eine zentrale Rolle für die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden. Erfahrungsgemäß tragen diese Schritte auch zur Steigerung der Arbeitsqualität im Unternehmen bei. Deshalb liegt auf diesem Bereich ein Fokus der Inhouse-Schulung „Stress, psychische Belastung und Mobbing am Arbeitsplatz“ der AKADEMIE HERKERT. Darin erwerben Fach- und Führungskräfte sowie Personaler/innen und interne Ansprechpartner/innen alle notwendigen Kompetenzen und juristischen Grundlagen rund um

  • sexuelle Belästigung, Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz
  • den richtigen Umgang mit psychisch erkrankten Mitarbeitenden
  • effektive Gesprächsführung unter schwierigen Voraussetzungen
  • psychischen Stress sowie Stressmanagement
  • den rechtssicheren, empathischen und souveränen Umgang mit entsprechenden Situationen.

Alle weiteren Informationen zu den Inhalten, Methodik und Umsetzung finden Sie hier:

 

Sensibilisierung tut Not – unabhängig von der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung und Symptome

Ein wichtiger erster Schritt ist die Sensibilisierung zu relevanten Belastungen bei der Arbeit. Dazu folgen einige Beispiele für oft kontinuierliche psychische Belastung am Arbeitsplatz:

  • Dauerhaft hoher Lärmpegel
  • Hohe Umgebungstemperatur
  • Unzureichende interne Kommunikation
  • Unangenehmes Betriebs- oder Arbeitsklima
  • Konstant hoher Zeitdruck bei der Aufgabenerfüllung
  • Hohe Arbeitsauslastung ohne ausreichende Priorisierung
  • Zwang oder fehlende Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung
  • Schnelle Wechsel und/oder unklare Arbeitsorganisation und Strukturen
  • Überschreitung von persönlichen, körperlichen und psychischen Grenzen
  • Konkurrenz- und Silo-Denken zwischen Beschäftigen, Teams und Abteilungen
  • Mobbing am Arbeitsplatz, zum Beispiel innerhalb des Teams oder durch Vorgesetzte


Die Auswirkungen psychischer Belastung als Symptome können sich zunächst schleichend einstellen. Besonders negativ wirken sie sich beispielsweise auf folgende Bereiche aus:

  • Gefühlswelt
  • Aufmerksamkeit
  • Konzentrationsfähigkeit
  • Empfinden von und Umgehen mit Stress

Da diese Faktoren auch die Körperhaltung maßgeblich beeinflussen, haben sie unter anderem Muskel-Skelett-Erkrankungen zur Folge. So kann insbesondere die langfristige psychische Belastung diese Symptome chronisch werden lassen. In diesem Zusammenhang treten vermehrt auf:

  • Burnout, das Gefühl innerer Leere, Depression
  • Häufiger auftretende Kopfschmerzen sowie Migräne
  • Destruktives Verhalten wie überhöhter Konsum von Alkohol
  • Körperliche Symptome und/oder chronische Schmerzen aufgrund starker Anspannung, was sich teils als verkrampfte Schonhaltung äußert

Bleiben die Ursachen unerkannt, verschärfen sich die psychischen Belastungen und ihre Symptome, die sie nach sich ziehen. Nicht selten sehen Angestellte wie auch Hausärzt/innen als Ausweg nur noch die Möglichkeit zur Krankschreibung wegen psychischer Belastung. Wie lange betroffene Arbeitnehmer/innen ausfallen, liegt zunächst im Ermessen der behandelnden Ärzt/innen. Entscheidend sind die individuelle Ausprägung der psychischen Belastung und ihre Symptome sowie der konkrete Genesungsverlauf. Eine Dauer der Arbeitsunfähigkeit über mehrere Wochen bis Monate ist dabei nicht ungewöhnlich.

 

Praxis-Tipps zum Umgang mit Belastungen am Arbeitsplatz und betroffenen Mitarbeitenden

Älterer Mann in Business-Anzug an Meetingtisch mit Laptop lächelt im Gespräch mit einem jungen Mann

Eine offene Kommunikation sowie ein kooperativer Umgang sind wesentliche Erfolgsfaktoren für jedes Team – und die Grundlage für ein gesundes Arbeitsklima und Resilienz. Damit sinkt auch der negative Einfluss der für die Gefährdungsbeurteilung relevanten psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. (Bild: © yurolaitsalbert / stock.adobe.com)

 

Zunächst ist es essenziell, die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu schaffen, um die psychische Belastung am Arbeitsplatz zu reduzieren. Dazu sollten gerade Führungskräfte präventiv folgende Maßnahmen durchführen:

  • Freiräume für Entscheidungen, Mitbestimmung und Selbstorganisation schaffen.
  • Aufgaben und Verantwortlichkeiten nachvollziehbar zuordnen.
  • Priorisierungen durchführen und klar kommunizieren.
  • Kollegiales Verhalten am Arbeitsplatz fördern.
  • Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung schaffen.
  • Grenzüberschreitungen konsequent ahnden.

Schwieriger ist es, wenn Mitarbeitende bereits stark unter psychischer Belastung am Arbeitsplatz leiden. Um die Situation zu verbessern, sind folgende Konsequenzen für sie von essenzieller Bedeutung:

  • Feedback erhalten
  • Priorisierungen abstimmen oder selbst festlegen dürfen
  • Auf zuverlässige Vertretungsregelungen vertrauen können
  • Intern ein/e Ansprechpartner/in haben, um Missstände zu adressieren
  • Verbesserungsvorschläge einbringen können – mit der Aussicht auf Umsetzung
  • Über den Freiraum verfügen, den eigenen Arbeitsplatz entsprechend anzupassen
  • Sich Unterstützung durch ihre Führungskräfte einholen können

Im Rahmen des Arbeitsschutzes sind die Unternehmen in der Pflicht, eine umfassende Gefährdungsbeurteilung – einschließlich psychischer Belastung am Arbeitsplatz – zu erstellen. Diese ist regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Mit der sorgfältigen Umsetzung können Arbeitgeber, Führungskräfte sowie Fach-Verantwortliche sicherstellen, Missstände frühzeitig zu erkennen und zu beheben.

Machen Sie sich jetzt mit den notwendigen Kompetenzen, Grundlagen und geeigneten Maßnahmen des Arbeitsschutzes sowie der praktischen Umsetzung vertraut. Im halbtägigen Online-Seminar „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“ erhalten Sie

  • fachlichen Input in Vortragsform
  • Praxisbeispiele
  • Erfahrungsberichte
  • die Möglichkeit zur Diskussion für spezifische Fragestellungen.

Weitere Informationen sowie Einblicke in Inhalte und Methodik finden Sie hier:

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