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12.11.2019 | DIGITALISIERUNG

In der Zusammenarbeit von Ausbildern und Auszubildenden treffen meist auch verschiedene Generationen aufeinander. Unterschiedliche Wertvorstellungen am Arbeitsplatz, verschiedene Verhaltensweisen im Alltag, ein salopper versus ein seriöser Umgangston können zu Missverständnissen, sogar zu Generationenkonflikten am Arbeitsplatz führen. Während die Auszubildenden in der Regel zu den digital natives gehören, sind ihre Vorgesetzten Teil der digital immigrants. Welche Folgen dies für den Ausbildungsalltag hat, indem Prozesse zum Beispiel durch ein Online-Berichtsheft digitalisiert werden, und wie beide Generationen vom Wissen der jeweils anderen profitieren können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Digital Natives Forum Verlag Herkert

Immer mehr Prozesse in der Ausbildung werden digitalisiert. (Bild: © LIGHTFIELD STUDIOS / stock.adobe.com)

Digital natives und digital immigrants: Generationen mit verschiedenen Wertvorstellungen

Während die digital natives, also die Geburtsjahrgänge nach 1985, von Kindheit an mit Digitaltechnologien aufgewachsen sind, müssen sich die älteren Generationen diese Kompetenzen erst aneignen. Der Umgang mit digitalen Tools, Smartphones und Apps ist für sie nicht selbstverständlich. Auch durch die Kommunikationskultur im Web 2.0 durchlaufen die digital immigrants zudem eine andere Sozialisation und haben andere Wertvorstellungen.

Digital natives: Partizipation und Selbstverwirklichung im Vordergrund

Die Generationen Y (Jahrgänge 1985-1999) und Z (Geburtsjahrgänge 2000 und später), die derzeit in Ausbildung und Arbeitsmarkt drängen, haben idealtypisch diese Wertvorstellungen:

  • Eigenständigkeit und Eigenverantwortung
  • Hinterfragen von Regeln und Hierarchien
  • Suche nach dem tieferen Sinn in der Arbeit
  • Freiheit, Selbstverwirklichung
  • Flexibilität

Digital immigrants: Respekt und Pflichtbewusstsein

Demgegenüber stehen oftmals die Vorstellungen der digital immigrants, also der früheren Generationen: Sie verlangen von Jüngeren, also auch und besonders von Auszubildenden Respekt, Pflichtbewusstsein und die Erfüllung der aufgetragenen Aufgaben. Generationenkonflikte am Arbeitsplatz sind dadurch keine Seltenheit: Denn Freiheit, Selbstverwirklichung und die Ablehnung von Hierarchien passen nun mal nicht zur starren Befolgung von Regeln. Oftmals kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Der Umgangston in den sozialen Medien ist ein anderer als der, den Ausbilder gewohnt sind. Dies ist von Seiten der Auszubildenden nicht respektlos gemeint – kann aber durchaus zu Missverständnissen führen.

Azubis und Ausbilder: Neue Rollen finden

Die Tatsache, dass die Auszubildenden als digital natives im Umgang mit Digitaltechnologien meist deutlich versierter sind als ihre Vorgesetzten, führt dazu, dass die traditionellen Rollen sich verändern: Es lernen nicht zwingend nur die Jüngeren von den Älteren, sondern auch die Älteren von den Jüngeren. Dies erfordert von beiden Seiten Sozialkompetenz sowie kommunikative Fähigkeiten, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.

Veranstaltungsempfehlung

Beim Ausbilder/innen-FORUM der AKADEMIE HERKERT können sich Ausbilder über die neuesten Trends informieren und austauschen. Dieses Jahr liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Ausbildung von digital natives durch digital immigrants.

 

Ausbildungsprozesse: Digitalisierung kommt in Gang

Die Generation der Auszubildenden nutzt digitale Technologien selbstverständlich in ihrem Alltag. Ob es darum geht, Informationen abzurufen, Verabredungen zu treffen, Wissen zu teilen oder sich in einer fremden Stadt zurechtzufinden: Für all diese Aufgaben gibt es Apps, die größtenteils per Smartphone in Sekundenschnelle die gewünschten Informationen liefern.

Viele Prozesse in der Ausbildung wirken da wie ein Anachronismus auf die Generation Y – wie zum Beispiel das Führen eines Berichtsheftes in Papierform, das vom Vorgesetzten abgezeichnet werden muss oder das umständliche Vereinbaren von Terminen per Telefon. Digitale Möglichkeiten wie zum Beispiel ein Online-Berichtsheft oder eine WhatsApp-Gruppe der Berufsschulklasse sorgen hier bereits für frischen digitalen Wind in den Ausbildungsprozessen. Neben der Tatsache, dass die Digitalisierung von Prozessen vieles vereinfacht, erhöht ihre Einführung auch die Attraktivität als Arbeitgeber. In Zeiten, in denen viele Betriebe Nachwuchsprobleme haben, ist dies ein entscheidendes Argument, um Ausbildungsprozesse zu digitalisieren.

Digitale Tools eröffnen neue Möglichkeiten

Im Folgenden stellen wir Ihnen Möglichkeiten vor, wie digitale Prozesse in die Ausbildung integriert werden können: So kann das Berichtsheft auch digital geführt werden, Krankmeldungen lassen sich ebenfalls digital einreichen und Webinare ergänzen Präsenzveranstaltungen.

Online-Berichtsheft

Seit 2017 dürfen Azubis ihr Berichtsheft auch digital führen und müssen es nicht mehr ausgedruckt dem Ausbilder zur Unterschrift vorlegen. Allerdings muss die Möglichkeit zum Online-Berichtsheft explizit im Ausbildungsvertrag verankert sein. In der Praxis bieten Apps und Cloud-Lösungen für Online-Berichtshefte auch Ausbildern viele Vorteile: Sie können alle Berichte zentral sammeln, überblicken und abzeichnen.

Das Online-Berichtsheft muss der Betrieb entweder durch eine digitale Signatur „unterschreiben“– oder alternativ ein Mitteilungsblatt verfassen, auf dem er versichert, dass der Azubi das digitale Berichtsheft ordnungsgemäß geführt hat. Dieses legt der Auszubildende dann dem Prüfungsausschuss vor. Ein Portal zum Führen des Online-Berichtsheftes bietet zum Beispiel die IHK oder auch BLOK, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Europäischen Sozialfonds gefördertes Portal an.

Digitale Krankmeldung

Schon heute können Auszubildende und Arbeitnehmer in vielen Betrieben ihre Krankmeldung digital einreichen – ab 2021 soll der Krankenschein in Papierform sogar ganz abgeschafft werden. Die Krankenkasse meldet dann an den Arbeitgeber die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Dies dient dem Bürokratieabbau und der Reduzierung von Kosten.

Ausbilder und Auszubildende: Digitalisierung der Kommunikation

Der Alltag der digital natives ist längst von digitaler Kommunikation durchdrungen: Nachrichten werden via Chat ausgetauscht, Social Media wie Instagram oder Snapchat sorgen für Kontakt mit anderen. Warum sollte digitale Kommunikation vor Arbeits- oder Ausbildungsplatz haltmachen? Im Austausch zwischen Ausbildern und Azubis bieten sich diese Möglichkeiten an:

  • Webinare können die Präsenzveranstaltungen in der Ausbildung flexibel ergänzen und Inhalte mobil liefern. Geeignet und kostengünstig sind Formate wie Massive Open Online Courses (MOOC), Open Educational Resources (OER) oder Learning on demand.
  • Ausbildungspläne lassen sich an die digitalen Vorstellungen der Auszubildenden anpassen – hier lohnt es sich, die Ideen und Vorschläge der Azubis selbst zu berücksichtigen. Dies fördert auch die Motivation und die Identifikation mit dem Arbeitsplatz.
  • Chatgruppen mit Kollegen, anderen Auszubildenden und Ausbildern ermöglichen schnellen und direkten Austausch, der auf kurzen Wegen Probleme lösen und Antworten bei Fragen liefern kann.

Digitalisierung in der Ausbildung: Voneinander lernen

Die erfolgreiche Digitalisierung von Ausbildungsprozessen beinhaltet auch die positive Zusammenarbeit von digital immigrants und digital natives. Dazu müssen beide Gruppen ihre Wert- und Rollenvorstellungen überdenken und hinterfragen – was ein hohes Maß an Sozialkompetenz erfordert. Zusammenfassen lassen sich die Erfolgsvoraussetzungen unter dem Schlagwort „Voneinander lernen“:

  • Ausbilder müssen anerkennen, dass ihnen die Azubis im Hinblick auf die Anwendung digitaler Technologien überlegen sind.
  • Auszubildende digital natives müssen Gepflogenheiten im Unternehmen ebenso wie das Erfahrungswissen der Vorgesetzten anerkennen.
  • Digital immigrants, also Ausbilder müssen offen für Neues sein – sowohl hinsichtlich der Technologien als auch in Bezug auf Ideen und Vorschläge ihrer Auszubildenden.

Gegenseitiger Respekt und Vertrauen sind das A und O, wenn es darum geht, Generationenkonflikte am Arbeitsplatz zu vermeiden und Ausbildungsprozesse nachhaltig zukunftsfähig zu machen.

Augsburg, 12.11.2019
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

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